Der Blick in die Kriminalstatistik verheißt nur Gutes. 2001 seien demnach die Fälle von gewerbsmäßigem Betrug um die Hälfte gefallen, die Aufklärungsquote habe 93 Prozent betragen. Tatsächlich sind seit den Affären der Neunzigerjahre wie Beldomo und Riegerbank weniger Fälle von Anlagebetrug aufgetaucht.Maximilian Burger-Scheidlin, Geschäftsführer der Internationalen Handelskammer in Österreich (ICC Austria), zeichnet ein ganz anderes Bild. Anlagebetrug wachse um mehr als zehn Prozent und verursache geschätzte drei Milliarden Euro Schaden im Jahr. "Anlagebetrug ist ein blühender Zweig in Österreich", sagt er. "Und nur fünf Prozent der Fälle werden überhaupt gemeldet." Grund dafür sei das schlechte Gewissen der Geschädigten, die meist unversteuertes Schwarzgeld veranlagt haben, sowie die Praktiken der Betrüger, die mit Mitteln bis hin zur Erpressung eine Rechtsverfolgung abzuwürgen versuchen. "Gauner-Offerte" Die Opfer sind Freiberufler, Kaufleute, aber auch Handwerker und Großbauern, berichtet Burger, dessen ICC dank ihres internationalen Netzwerkes eine zentrale Anlaufstelle für Wirtschaftskriminalität geworden ist. Meist trifft es Menschen, die ohnehin schon Geldsorgen haben. "Wenn Leute verzweifelt sind, dann gehen ihnen die Sicherungen durch. Und die Betrüger riechen das: Wer in Schwierigkeiten gerät, erhält sofort eine Gauner-Offerte." Dabei begnügen sich die gut organisierten Täter nicht damit, einmal abzusahnen, sagt Burger. "Ziel ist es, das Opfer so weit auszupressen, dass kein Geld für den Rechtsweg da ist." Nach dem "Aufreißer", der das Opfer in die Falle lockt, und dem "Durchführer" kommt am Ende der "Plattmacher". Burger: "Der schreit sein Opfer an: ,Sie Idiot, das ist ihre letzte Chance‘, und lockt ihm so das letzte Geld heraus." Rechtsweg meist aussichtslos Betrügerische Offerte könne man daran erkennen, dass das Geld immer ins Ausland fließt. Der Rechtsweg ist meist aussichtslos: Bis man endlich einen Titel gegen eine betrügerische Firma hat, ist das Geld längst über eine weitere Grenze verschoben. Deshalb sieht Burger in der Aufklärung den einzigen Schutz. "Bei jedem Vortrag rette ich 100 Millionen Schilling", erzählt er. Gute Arbeit leisteten auch die AK Niederösterreich und ihr Konsumentenschützer Günther La Garde. Aber notwendig wäre eine kleine, vom Staat finanzierte Kontrollbehörde für alle Formen der Wirtschaftskriminalität (siehe unten). "Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm", so Burger. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 18.7.2002)