Für so manche Firmen sitzt der gefährlichste Gegner im eigenen Büro. Mitarbeiter, die sich von Lieferanten bestechen lassen, Betriebsgeheimnisse an die Konkurrenz verkaufen oder sich in der Unternehmenskasse bedienen, richten größeren volkswirtschaftlichen Schaden an als korrupte Beamte - vor allem durch betriebliche Fehlentscheidungen, die von solchen Angestellten getroffen werden, meint ICC-Chef Burger. Diese kosten dem Betrieb oft ein Vielfaches von dem, was der Täter verdient. Vor allem der Beschaffungsbereich ist höchst korruptionsanfällig, was manche Firmen schon in den finanziellen Ruin getrieben hat. Ein klassi 2. Spalte sches Beispiel war das Opelwerk in Bochum, wo der Leiter des Zubehörlagers in den Neunzigerjahren von Zulieferern Schmiergelder von 7,5 Millionen D-Mark (3,8 Mio. €) kassiert und die Produktionskosten dadurch erheblich erhöht hat.Betriebsspionage Auch Betriebsspionage ist weiter verbreitet als allgemein angenommen. "Wenn eine bisher erfolgreiche Firma Aufträge verliert und die Konkurrenz immer besser wird, dann ist Feuer am Dach", meint Burger. Dann gebe es oft im eigenen Haus eine undichte Stelle. Schuld an solchen Missständen trägt meist das Management, das die eigenen Leute nicht als vollwertige Menschen behandelt. "Gefährlich sind vor allem Mitarbeiter, die schon lange dabei sind und frustriert sind", warnt Burger. Diese richteten im Betriebsklima und der Bilanz oft so viel Schaden an, dass sich eine Trennung mit einem noch so großzügigen "Golden Handshake" auszahle. Auch müsse man den Lebensstil der Mitarbeiter im Auge behalten und sie dazu zwingen, jedes noch so kleine Geschenk zu melden. Schmiergeld Unternehmen, die selbst beim Akquirieren von Aufträgen Schmiergelder zahlen - vor allem im Ausland - werden verwundbar, weil die eigenen ethischen Standards dadurch untergraben werden. "Ein Mitarbeiter, der routinemäßig Bestechungsgelder zahlt, wird auch eher bereit sein, sich selbst bestechen zu lassen", warnt Michael Wienen, Deutschland-Chef von Transparency International, einer internationalen Antikorruptionsorganisation. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 18.7.2002)