Amtsverzicht oder Parteirauswurf: Der in eine Sexaffäre verstrickte ehemalige Grazer FP- Stadtrat Ferdinand Spielberger entschied sich am Mittwoch nach einem Sechsaugen-Gespräch für ersteres und legte sein Mandat im Gemeinderat zurück. Graz/Wien - "Jetzt steh' ma do", bedauert einer aus der steirischen FPÖ-Riege. Und er will damit sagen, dass seine Partei nun nicht nur blamiert, sondern völlig desorientiert vor einem Scherbenhaufen dastehe. Die Sexaffäre um den ehemaligen Grazer FP-Stadtrat Ferdinand Spielberger, der von zwei ehemaligen Mitarbeiterinnen schwer belastet wird, habe "die Partei ins Mark" getroffen. Entnervt trat am Mittwoch das FPÖ-Landespräsidium zusammen und beschloss, Landesobmann Leopold Schöggl und Stadtchef Peter Weinmeister mögen Spielberger noch einmal zum Rücktritt auffordern. Den angedrohten Parteiausschluss vor Augen, legte Spielberger schließlich sein Gemeinderatsmandat zurück. Die Affäre bleibt nicht auf die Stadtpartei isoliert, deren Obmann, Vizebürgermeister Peter Weinmeister, fieberhaft versucht, jegliche Verantwortung und MitwisserInnenschaft von sich zu weisen. Was ihm allerdings auf Dauer schwer fallen dürfte, denn er war Parteichef, als Spielberger unter dem Vorwand einer schweren Erkrankung in den Gemeinderat versetzt wurde. Daran erinnert auch der ehemalige Landesparteichef und Exinfrastrukturminister Michael Schmid im STANDARD-Gespräch: "Das Ganze ist wenige Tage vor der Konstitution der Grazer Stadtregierung passiert. Die beiden Frauen sind zu Mares Rossmann gegangen und haben dort ihr Leid geklagt und gesagt, sie möchten endlich weg von Spielberger. Dann wurde ein Anwalt zugezogen und ein Protokoll aufgesetzt. Spielberger wurde dieses Protokoll gezeigt." Die Parteiführung habe in der Folge beschlossen, Spielberger von der Stadtregierung, in die er wieder einziehen sollte, zurückzuziehen und eine Erkrankung vorzutäuschen, erklärt Schmid. Und: "Natürlich war es eine Notlüge, was hätten wir tun sollen? Vier Jahre hat es ja gehalten, die Frauen wurden vor der Öffentlichkeit geschützt. Wir wollten den Schaden minimieren." Kein Wort der Vize-Kanzlerin Die Sexaffäre bringt aber nicht nur die Stadt- und Landespartei in Bedrängnis. Denn eine Kopie jenes Protokolls, das dem STANDARD vorliegt, in dem die Frauen ihre Vorwürfe dokumentiert hatten, soll auch FP-Chefin Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer erhalten haben. Im Büro der Vizekanzlerin hieß es Mittwoch, die FP-Chefin werde zum jetzigen Zeitpunkt "keine Stellungnahme" abgeben. Es könne "nicht bestätigt" werden, das Riess-Passer von diesen Vorfällen gewusst habe. Frauenminister Herbert Haupt hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft eingeschaltet. Vorerhebungen eingeleitet Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt nun gegen den Mittwochabend doch noch zurückgetretenen FPÖ-Gemeinderat Ferdinand Spielberger. Am Donnerstag wurde bekannt gegeben, dass beim Untersuchungsrichter Vorerhebungen "wegen des Verdachtes sexueller Übergriffe gegenüber einer Mitarbeiterin eingeleitet" wurden. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei, so die Mitteilung ihres Leiters, Horst Sigl, auf die "bisherigen Ergebnisse der dienstaufsichtsbehördliche Prüfung der Magistratsdirektion der Stadt Graz." Im Magistrat wurden nach Bekanntwerden der mutmaßlichen "Sex-Affäre", in die Spielberger vor vier Jahren verwickelt gewesen sein soll, Untersuchungen begonnen. SP-Bürgermeister Alfred Stingl hatte sich sehr verärgert darüber gezeigt, dass er von der Affäre, von der laut FP-Tourismusstaatssekretärin Mares Rossmann "alle" gewusst hätten, nichts erfahren habe. Stingl macht Rossmann in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe. (Peter Mayr/Walter Müller/DER STANDARD/APA, Print-Ausgabe, 18.7.2002)