Santiago/Buenos Aires - Zur Aufklärung des Verschwindens von mehr als 600 Menschen während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet hat die chilenische Regierung die Justiz zur Ernennung eines Sonderrichters aufgefordert. Dies sei sehr wichtig für Fortschritte in der Frage der Menschenrechte, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch. Die Forderung wurde demnach beim Berufungsgericht in Santiago de Chile eingereicht. Die Vorsitzende des Verbandes der Diktatur-Opfer, Viviana Díaz, begrüßte die Initiative der sozialistischen Regierung. Die Familienangehörigen der Opfer hätten seit langem die Einsetzung eines Bevollmächtigten gefordert, der die Ermittlungen koordiniere, sagte sie. Seit einem Jahr sind bereits mehrere Richter ausschließlich mit den Ermittlungen zum Schicksal von 647 verschwundenen Oppositionellen beauftragt. Unter der Pinochet-Diktatur von 1973 bis 1990 waren tausende Regime-Gegner ermordet und gefoltert worden. Zehntausende wurden ins Exil getrieben. Pinochet hatte vor einer Woche seinen Senatssitz und damit sein letztes politisches Amt aufgegeben. Im benachbarten Argentinien ist unterdessen der frühere Diktator Leopoldo Fortunato Galtieri nach fünf Tagen Hausarrest wieder in einer Kaserne festgesetzt worden. Zuvor hatte er bei einem ersten Verhör durch den Bundesrichter Claudio Bonadío die Aussage verweigert. Dem 74-Jährigen werden Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur (1976-1983) vorgeworfen. Bonadío hatte vor einer Woche gegen Galtieri sowie 41 andere frühere Militärs und Polizisten Haftbefehl wegen deren mutmaßlicher Beteiligung an der Ermordung 20 linker Montonero-Rebellen im Jahre 1980 erlassen. Zu den Verdächtigen gehören neben Galtieri der frühere Heereschef General Cristino Nicolaides und der damalige Chef der Ersten Heeresgruppe, General Carlos Suarez Mason. Beide stehen wegen anderer Verfahren bereits unter Hausarrest. Um die Auslieferung Masons hatte sich zuvor Deutschland wegen dessen vermuteter Mitschuld an der Ermordung 1977 der Deutschen Elisabeth Käsemann bemüht. Argentinien lehnte dies ab. Richter Bonadío ist einer der wenigen Richter Argentiniens, die die Amnestiegesetze vom Ende der 80er Jahre für nichtig halten und nicht mehr anwenden. Eine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes steht aus. (APA/AFP/dpa)