Eine griechische Schutzgöttin lieh ihren Namen für das neue Sicherheitskonzept von Microsoft , das nach den Plänen der Firma umfassenden digitalen Schutz bieten soll. "Palladium" heißt das Projekt, bei dem die Prozessorhersteller AMD und Intel mit dem Softwaregiganten kooperieren. Erhebliche Gefahren Das Zusammenspiel von Chips und Programmcodes soll in einigen Jahren Viren oder elektronische Spione abzuwehren, die in fremde Computer eindringen wollen. Kritiker des Microsoft-Plans allerdings warnen vor erheblichen Gefahren. Ein "trojanisches Pferd" "Zensur per Fernsteuerung" befürchtet Ross Anderson von der University of Cambridge. Der Sicherheitsexperte sieht Palladium als "trojanisches Pferd" an, eine scheinbar segensreiche Erfindung, die für viele Computernutzer unerwünschte Konsequenzen haben könnte. Einerseits soll die Technologie dafür sorgen, dass nur vertrauenserweckende Software auf dem PC laufen kann und die ungewollte Installation bösartiger Virenprogramme verhindert wird. Andererseits aber verbiete Palladium möglicherweise auch die Nutzung nicht autorisierter Musik- oder Filmkopien, sagt Anderson. Fertig Skeptische Worte kommen auch von Befürwortern so genannter Open- Source-Software wie Linux . Der Quellcode steht bei solchen Produkten anderen Entwicklern kostenlos zur Verfügung. Die Kritik richtet sich gegen die Kernfunktion von Palladium: Das Sicherheitsprogramm sorgt zusammen mit einem speziellen Prozessor nicht nur für die Verschlüsselung von Daten, die in einem so genannten virtuellen Safe gespeichert werden. Der PC erhält außerdem den Befehl, nur noch Dateien und Programme mit einem digitalen Siegel zu nutzen. Dieses Schutzsiegel soll für fertige Produkte - von Musik-CDs bis zu Software - von einer unabhängigen Institution vergeben werden. Bekämpfung von Linux und Co.? Open Source-Software könne nicht mit einem solchen Siegel versehen werden, argumentieren die Palladium-Skeptiker. Sie sei nie ein fertiges Produkt, werde ständig von Programmierern mit Zugang zum Quellcode weiterentwickelt. Würde sich Palladium zum Standard entwickeln, akzeptiere der Computer möglicherweise die freie Software wegen des fehlenden Siegels nicht mehr. Der Programmierer Bruce Perens, ein führender US-Vertreter der Open Source-Bewegung, befürchtet gar, dass Palladium ausdrücklich zur Bekämpfung von Linux und Co. gedacht sei. Microsoft denkt an morgen Microsoft bemüht sich, die Bedenken zu zerstreuen. Es gehe ausschließlich um die Sicherheit von Firmen-Netzwerken und privaten Computern, betont der Manager des Palladium-Entwicklungsteams John Manferdelli. "Wir erwarten, dass jede Industrie, in der die Verletzung der Datensicherheit schreckliche Konsequenzen hätte, zu den ersten Nutzern von Palladium gehört", betont er. Einschränkungen bei der PC-Nutzung soll es nicht geben. "Alles was man heute mit einem Windows-Computer machen kann, wird man auch morgen mit einem Palladium-Computer machen können", sagte der Microsoftmanager. Palladium könne vom Nutzer jederzeit abgeschaltet werden, beteuert Microsoft. Diese Option wird jedoch dann problematisch, wenn das Sicherheitssystem nach der Einführungsphase zum Standard wird. Programme und Dateien würden dann ausschließlich unter Zuschaltung von Palladium nutzbar. Misstrauen bei der EU Das Sicherheitskonzept erregte bereits auch das Misstrauen europäischer Wettbewerbswächter. Sie warten noch auf die Antwort zu einer zentralen Frage: Wird Palladium ausschließlich im Windows- Bereich einsetzbar sein und damit die Benutzer anderer Betriebssysteme ausschließen?(APA/dpa)