Graz/Wien - In die Sexaffäre um den ehemaligen Grazer FP-Stadtrat Ferdinand Spielberger schaltet sich nun - wenige Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist - auch die Justiz ein. Seit Donnerstag ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz gegen den Politiker. Tags zuvor musste Spielberger nach massivem Druck der Parteispitze sein Gemeinderatsmandat niederlegen. Beim Grazer Untersuchungsrichter wurden Vorerhebungen "wegen des Verdachtes sexueller Übergriffe gegenüber einer Mitarbeiterin eingeleitet", bestätigte der Leitende Staatsanwalt Horst Sigl im STANDARD-Gespräch. Die Staatsanwaltschaft stütze sich dabei, so Sigl, auf die "bisherigen Ergebnisse der dienstaufsichtsbehördlichen Prüfung der Magistratsdirektion der Stadt Graz". Welches Delikt Spielberger zur Last gelegt werde, darauf wollte sich Sigl noch nicht festlegen. Im Magistrat wurden - nachdem DER STANDARD die Sexaffäre aufgedeckt hatte - ebenso Untersuchungen eingeleitet. Bisher konnte allerdings erst eine der ehemaligen Mitarbeiterinnen Spielbergers befragt werden, die Einvernahme der zweiten betroffenen Frau, die am Donnerstag aus dem Urlaub zurückgekehrt ist, werde nachgeholt, hieß es seitens der Stadt Graz. Im Zuge der Erhebungen muss sich der beschuldigte Magistratsbeamte Spielberger auch vor der Dienstaufsichtsbehörde einem Disziplinarverfahren stellen. Wobei dieses aber vorerst unterbrochen worden ist: "Die Weiterführung erfolgt erst nach einer Verurteilung oder Einstellung", erklärte die stellvertretende Magistratsdirektorin Ursula Hammerl. Die im Dienstrecht festgelegte Verjährungsfrist von drei Jahren für ein Disziplinarverfahren wird generell im Fall einer strafrechtlichen Verfolgung aufgehoben. Das Disziplinarrecht könnte freilich noch für den einen oder anderen Bediensteten Folgen haben, denn auch Mitwisserschaft kann geahndet werden. Neue Gerüchte Das Auffliegen der Sexaffäre hat der Gerüchteküche im städtischen Rathaus neue Nahrung gegeben. In den Couloirs des Magistrates werden hartnäckig neue, unbestätigte Details weitergegeben, wonach bei den stadträtlichen Fotoshootings samt sexuell belästigenden Auswüchsen auch zwei weitere freiheitliche Funktionäre anwesend gewesen sein sollen. "Wurde hintergangen"

Er fühle sich von der FPÖ "hintergangen", sagt indes der Grazer SP-Bürgermeister Alfred Stingl. Die freiheitliche Parteispitze im Rathaus habe ihn im Glauben gelassen, Ferdinand Spielberger habe vor vier Jahren aufgrund einer Krankheit auf den Stadtratssitz verzichten müssen. Stingl: "Spielberger hat mir noch einen Brief geschrieben, dass er krank sei."

Nun aber habe Ex-FP-Landeschef Michael Schmid zugegeben, dass es eine "Notlüge" gewesen sei. Stingl: "Das ist absolut inakzeptabel." Im Übrigen sei es undenkbar, dass FP-Chef Vizebürgermeister Peter Weinmeister von allem nichts gewusst habe. Stingl zum STANDARD: "Ich war lange genug Parteichef und kann mir nicht vorstellen, dass mir ein Stadtrat abhanden kommt, ohne dass ich die wirklichen Hintergründe kenne." (Peter Mayr, Walter Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20./21. Juli 2002)