Wirtschaft
Tech-Branche: "Verlorenes Jahr"
Keine Erholung in Sicht - Analysten sehen Entspannung frühestens 2003 - Hoffnung lediglich bei Mobilfunkunternehmen
Frankfurt - Nach der Halbzeit der Quartalsberichte
wichtiger Technologieunternehmen befürchten Analysten, dass 2002 ein
verlorenes Jahr für die Technologiebranche wird. Theo Kitz, Analyst
bei Merck Finck und Co, setzt auch auf das zweite Halbjahr keine
Hoffnung: "Das zweite Halbjahr 2002 wird dem Technologiesektor keine
Erholung bringen." Die bisher veröffentlichten Quartalszahlen
belegten, dass das erste Halbjahr bei den Software-, Halbleiter- oder
Handykonzernen sehr schlecht ausgefallen ist. Die Ausblicke dieser
Unternehmen zeigten zudem, dass frühestens im kommenden Jahr eine
Erholung zu erwarten sei, sagt Kitz. Nur bei den Mobilfunk-Unternehmen gebe es noch die Hoffnung, dass
das Weihnachtsgeschäft für eine Belebung sorgen könnte. Auf Grund der
Vielzahl neuer Geräte sei ein Anstieg der Nachfrage im Dezember nicht
ganz auszuschließen, sagt Kitz. Ansonsten müsse auch hier auf das
Jahr 2003 gehofft werden. Ob die Investitionen in die
Informationstechnologien dann überhaupt zunehmen werden, sei
ebenfalls noch lange nicht sicher, dämpft der Analyst den Ausblick.
Risikofaktoren
Es gibt, so Kitz weiter, einfach noch zu viele Faktoren, die eine
bessere Stimmung sofort wieder eintrüben könnten. Mögliche
Terroranschläge oder ein Krieg im Irak, sowie weitere Bilanzskandale
würden die Unternehmen zu starker Zurückhaltung bei Investitionen
zwingen. Es sei in den vergangenen Monaten beobachtet worden, dass
Konzerne ihre IT-Ausgaben verschoben hätten, nur weil ein Unternehmen
der gleichen Branche zum Beispiel Probleme mit den Bilanzen gehabt
hätte. "Die Angst und Unsicherheit ist einfach noch so groß, dass es
den Analysten schwer fällt, sichere Prognosen zu erstellen", sagt
Kitz.
Jörg Natrop, Analyst bei der WGZ-Bank, bewertet das Jahr 2002
indes nicht so negativ wie sein Kollege Kitz. "Die Unternehmen haben
die Kostensenkungen forciert und werden dies auch noch weiter
vorantreiben", sagt Natrop. Damit sei eine gute Basis gelegt worden.
Daneben hätten Unternehmen wie SAP es geschafft, in einem schwachen
Umfeld Marktanteile zu gewinnen. Auch für Natrop wird die Erholung
erst Anfang 2003 beginnen. Bis dahin werde sich der Euphorie der
Analysten und Investoren noch in Grenzen halten. Allerdings dürfte
auch schon Vieles in den Kursen eingepreist sein, so dass deutliche
Kursrückgänge wohl nicht mehr zu erwarten seien.
Siemens gut aufgestellt
Für beide Analysten ist Siemens das Unternehmen, welches im
Abschwung der Technologiebranche noch die größte relative Stärke
zeigt. "Siemens ist der am besten aufgestellte Technologiekonzern in
Europa", sagt Kitz. Auch Natrop begründet seine positive Einstellung
zu Siemens mit der breiten Aufstellung des Konzerns. Dadurch ergebe
sich bei den Münchnern ein guter Risikoausgleich und Siemens sei
nicht so abhängig von ehemaligen Wachstumsmärkten, wie andere
Unternehmen der Branche. (APA/vwd)