Klestil: Nach der Wahl "muss nicht alles beim Alten bleiben"
"Auch wenn die jetzigen Koalitionsparteien 51 Prozent oder mehr erreichen" - Präambel auch für nächste Regierung möglich
Redaktion
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Wien - Bundespräsident Thomas Klestil will sich nicht
festlegen, wen er nach der nächsten Wahl mit der Regierungsbildung
beauftragen wird. Er habe nie "automatisch den Chef der stärksten
Partei" beauftragt, sondern immer Konsultationen mit allen
Parteichefs geführt. Dies werde er auch nächstes Jahr tun, sagt
Klestil im Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten"
(Wochenende-Ausgabe). Klestil merkt an: "Es muss nicht alles beim
Alten bleiben, auch wenn die jetzigen Koalitionsparteien 51 Prozent
oder mehr erreichen - so ist es nicht."
"Durchaus vorstellen" kann sich der Bundespräsident, dass es auch
für die nächste Regierung wieder eine Präambel geben wird. Dass sich
die Präambel zur VP-FP-Regierungserklärung, die er formuliert und
durchgesetzt hat, bewährt habe, glaube er schon. Die Unterschriften
der Parteichefs Wolfgang Schüssel (V) und - damals noch - Jörg Haider
(F) seien "eine gewisse Verpflichtung. Wer beispielsweise die
EU-Erweiterung durch ein Veto blockieren wollte, würde im Widerspruch
zur Präambel handeln."
Kritisch äußert sich Klestil - angesprochen auf die EU-Erweiterung
und nötigen Strukturreformen - zur derzeitigen Politik: "Ich habe
allerdings den Eindruck, dass in letzter Zeit Gehalts- und
Personaldiskussionen mehr Platz eingeräumt wird als
Grundsatzproblemen. Wir gehen unter in der Tagespolitik, es gibt kein
Gremium, das sich den Strukturfragen wirklich widmet."
Landeshauptleute, Regierung, Parteien, Städte- und Gemeindeverband
müssten an einen Tisch gebracht werden, "vielleicht kann ich dabei
helfen".
Klestil nimmt in dem Interview auch zu seiner ernsten Miene bei
der Angelobung der schwarz-blauen Koalition Stellung: "Auf dem
Ballhausplatz haben damals tausende Menschen gegen die Regierung
demonstriert. Ich habe mir große Sorgen gemacht. Der Handschlag war
außerdem die Abnahme eines Gelöbnisses und kein Gruß, da macht man
eine ernste Miene. Dass ich über das Verhalten mancher nicht
glücklich war, ist kein Geheimnis. In der Politik darf Anstand und
gegenseitiges Vertrauen nicht verloren gehen." (APA)
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