Geht es nach Washington, wird der Nahostkonflikt nun erledigt wie einst die Eroberung des amerikanischen Westens: Bush und Powell werfen mit der jüngsten Gesprächsrunde der arabischen Außenminister in Washington Holzbretter in den Sumpf, den mehr als 50 Jahre Krieg und Terror und der Zusammenbruch des Oslo-Friedens hinterlassen haben, und hoffen, dass daraus schon irgendwie ein Weg würde. Pioniergeist zählt. Der US-Präsident und sein Außenminister stochern sich durch die Ruinenlandschaft, und das Einzige, was sich über ihren Weg mit Sicherheit behaupten lässt, ist, dass sie Palästinenserchef Yassir Arafat nicht mehr kreuzen wollen. Vom "endgame" ist nun die Rede, der abschließenden und endgültigen Regelung des Nahostkonflikts.Colin Powell ist dem Vernehmen nach auf seiner Wanderschaft schon zwei Ersatzpartnern begegnet: den neuen palästinensischen Ministern Salam Fayad (Finanzen) und Abdel Razek Yehiyeh (Inneres). Dass auch die beiden nichts ohne Arafats Zustimmung entscheiden, wird Powell sehr wohl wissen. Dass "Tenet II", die neue regionale Sicherheitskooperation unter Aufsicht des CIA-Direktor George Tenet, eine Mogelpackung ist, dürfte dem US-Außenminister ebenso bewusst sein: Was sollten ägyptische Sicherheitskräfte im Gazastreifen ihre palästinensischen Kollegen Neues im Antiterrorkampf lehren? Prüfen, testen, Bretter legen: Statt mit Arafat zu sprechen, versucht Washington, die arabischen Nachbarn in die Lösung des Nahostkonflikts einzubinden. Wie hilfreich dabei die neueste Idee der Regierung Sharon ist, wird sich rasch an den Reaktionen in Kairo und Amman zeigen: Die Festnahme von Familienmitgliedern mutmaßlicher palästinensischer Attentäter mag rechtlich noch gedeckt sein; ihre Bestrafung in Form der Abschiebung verstieße wohl gegen die Genfer Menschenrechtskonvention. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 20.7.2002)