Deutschland
Heftige Debatte um Vorschläge der Hartz-Kommission
Hundt kritisiert: "Ursprünglicher Reformeifer verwässert" - Schröder: Diskussion über Vorschläge unseriös
Frankfurt/Hamburg/München - Die Hartz-Kommission zur
Reform des deutschen Arbeitsmarkts gerät immer stärker unter
Beschuss: Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte davor, das
Hartz-Konzept zu "verwässern". Der deutsche Bundeskanzler Gerhard
Schröder (SPD) forderte die Arbeitgeber auf, die 1,5 Millionen nicht
besetzten Stellen zu nennen, von denen sie immer sprächen. Nach
Ansicht von Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD)
kann in Ostdeutschland frühestens in "sechs oder sieben Jahren auf
Arbeitsförderungsmaßnahmen der verschiedensten Art" verzichtet
werden. Hundt äußerte die Sorge, dass die Regierungskommission unter
Leitung des VW-Personalvorstands Peter Hartz "ganz offensichtlich
massiv unter politischen Druck gesetzt" werde. Zugleich nannte er die
mit dem Konzept geweckten Erwartungen an einen massiven Abbau der
Arbeitslosigkeit "deutlich überzogen". Ohne die Senkung der Steuer-
und Abgabenlast, Reformen der Sozialversicherungssysteme, ein
flexibles Arbeitsrecht und moderate Tarifpolitik "werden wir nur
höchst bescheidene Ergebnisse auf dem Arbeitsmarkt sehen".
"Diskussion unseriös"
Schröder nannte die Diskussion über Details des
Kommissionsberichts unseriös. Zu Berichten über den Verzicht auf die
Pauschalierung des Arbeitslosengelds sagte er: "Zu glauben, dass mit
Kürzungen von Leistungen automatisch neue Arbeitsplätze entstehen,
das ist ja naiv. Und deswegen geht es in diesem Bereich um eine
Gestaltungs- und nicht um eine Kürzungsdebatte." Schröder sagte im
ZDF, die Arbeitgeber hätten eine "Bringschuld" gegenüber den
Arbeitsämtern, "was das Melden jener offenen Stellen angeht, von
denen sie soviel reden". Er kündigte an, die "neue Ordnung" werde auf
der Basis dessen, was die Kommission vorschlage, umgesetzt.
Beim Aufbau Ost "sei ein Stück mehr" als die Hälfte zurückgelegt,
erklärte Stolpe der "Magdeburger Volksstimme" vom Samstag. Er rechnet
damit, "dass die neuen Länder bis 2010 doch sehr nah an die alten
Länder herankommen". Die hohe Arbeitslosigkeit werde dann "sehr weit
abgebaut" sein. Leistungskürzungen von Arbeitslosengeld und
Arbeitslosenhilfe lehnte er ab. Statt dessen schlug er "stärkere
Kontrollen und verschärfte Zumutbarkeitsregeln" vor.
500 Euro-Jobs
Unterdessen wurde bekannt, dass die Hartz-Kommission Billigjobs
attraktiver machen will: Laut "Spiegel" soll die Verdienstgrenze für
"geringfügige Beschäftigungsverhältnisse" auf 500 Euro angehoben
werden. Zugleich wolle die Kommission die pauschalen Sozialabgaben
für Minijobs von heute 22 auf zehn Prozent senken. Im Gegenzug solle
künftig nur noch eine Stelle pro Person erlaubt sein. (APA/AP)