Berlin - Deutschland und Polen haben am Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 ein wegweisendes Zeichen ihrer Aussöhnung gesetzt. Mit dem polnischen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski sprach am Samstag im Berliner Bendler-Block erstmals ein ausländischer Politiker bei einem Gelöbnis von Bundeswehr-Rekruten. Zuvor hatte Kwasniewski gemeinsam mit Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) der hingerichteten Hitler- Attentäter um Oberst Stauffenberg gedacht. Mehrere hundert Militär-Gegner demonstrierten friedlich gegen die Zeremonie."Schulter an Schulter für den Weltfrieden" An der von starken Polizeikräften abgeschirmten Vereidigung der 500 Rekruten vor 2000 geladenen Gästen nahm auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) teil. Kwasniewski sicherte der Bundeswehr 63 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen Unterstützung und Zusammenarbeit im Kampf um Frieden und Freiheit zu. "Heute dienen wir Schulter an Schulter dem Weltfrieden", sagte der Staatspräsident. "Ich bin sicher, dass hier etwas besonders Wichtiges für die deutsch- polnische Versöhnung geschehen ist", sagte er zu seinem Auftritt vor den Rekruten. Dieser sei "der beste Beweis dafür, dass beide Völker in der Lage sind, die richtigen Schlüsse aus der tragischen Vergangenheit zu ziehen." erster Auftritt des neuen Verteidigungsministers Verteidigungsminister Struck, der erstmals öffentlich in seinem neuen Amt auftrat, betonte die Verbundenheit Deutschlands mit Polen. Kwasniewskis Anwesenheit sei ein "beeindruckendes Beispiel dafür, wie weit wir darin gekommen sind, die Gräben der Geschichte zu überwinden". Gegenüber Journalisten sagte Struck, Kwasniewski habe "mehr als nur ein Zeichen gesetzt". Die Rede Kwasniewskis am 58. Jahrestag des gescheiterten Anschlags auf Adolf Hitler habe "historische Bedeutung". Bei der Kranzniederlegung im Bendler-Block für die hingerichteten Attentäter um Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg bezeichnete Struck den Anschlag als "Inbegriff und Symbol des Widerstandes gegen Hitlers Gewaltherrschaft". Heute könne man "dankbar feststellen, dass dies wichtig war für die Rückkehr Deutschlands in die westliche Wertegemeinschaft". Der Soziologe Lord Ralf Dahrendorf wies als Festredner Kritik zurück, die Attentäter seien keine Demokraten im heutigen Sinne gewesen. Dahrendorf, dessen Vater zu den so genannten Verschwörern gehörte, sagte, man werde dem 20. Juli nur gerecht, "wenn man in ihm den Aufstand des Besten an der preußisch-deutschen Tradition gegen die Willkür des NS-Regimes sieht. Es ging um Recht und Anstand, nicht in erster Linie um Demokratie." Das Scheitern des Anschlags sei eine Tragödie gewesen. "Millionen hätten ihr Leben nicht in Gaskammern, in Lagern, auf der Flucht in Kriegshandlungen verloren." Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) betonte, das misslungene Attentat auf Hitler sei nicht vergeblich gewesen. "Denn der Widerstand steht für ein anderes, für ein besseres Deutschland. Er bietet bis heute moralische Orientierung." Wowereit und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, legten einen Kranz im Ehrenhof des Bendler-Blocks nieder. Der entlassene Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hatte den 20. Juli zum festen Datum für ein feierliches Gelöbnis am Bendler-Block erklärt. An diesem Tag hatte Stauffenberg 1944 versucht, Hitler mit einer Bombe zu töten. Das Attentat missglückte, der Oberst und seine Helfer wurden noch in derselben Nacht im Hof des Bendler-Blocks erschossen. Das Verteidigungsministerium hat dort heute seinen zweiten Dienstsitz. (APA/dpa/AP)