Österreich
16-jähriger Heimzögling auf Lkw-Amokfahrt in Hartberg
Junger Leibnitzer sitzt in Graz in U-Haft
Graz - Ein 16 Jahre alter Heimzögling aus der oststeirischen
Bezirkshauptstadt hat am Samstag knapp nach Mitternacht im
alkoholisierten Zustand einen Tanklastzug entwendet und wollte damit
Richtung Südautobahn durch das Stadtgebiet fahren. Beim Versuch, den
Anhänger zu lösen, wurde der Lkw-Fahrer schwer verletzt. Der Bursche,
der nach Aussagen der Heimleitung und der Gendarmerie bisher nicht
auffällig gewesen sein soll, richtete zahlreiche Sachschäden an,
zusätzlich floss Diesel aus dem Tanker. Der 16-Jährige wurde in die
Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert. Der Jugendliche, in dessen Blut nach Auskunft der Gendarmerie
Hartberg 1,4 Promille Alkohol nachgewiesen wurden, schlich sich,
während der der Fahrer die Tanks einer Tankstelle befüllte, in die
Fahrerkabine und fuhr los. Der aus Pinkafeld im Burgenland stammende
Lkw-Lenker versuchte noch, die Druckluftleitung zwischen dem
Zugfahrzeug und dem Tankaufleger zu lösen. Dabei wurde der 54-Jährige
laut Sicherheitsdirektion Graz vom sich in Bewegung setzenden
Fahrzeug geschleudert und erlitt mehrere Knochenbrüche an Hand und
Fingern. Der 16-Jährige versuchte danach, über die B 54 und B 50 in
Richtung Südautobahn (A2) zu gelangen und beschädigte dabei mehrere
Verkehrsleiteinrichtungen. Schließlich fuhr er zum Bahnhof Hartberg,
wo er an einem parkenden Lkw entlang schrammte und schließlich gegen
einen Baum stieß. Der Jugendliche ließ das Schwerfahrzeug stehen und
flüchtete zu Fuß.
Sachschaden beträgt rund 100.000 Euro
Dann ersuchte der 16-Jährige eine Pkw-Lenkerin aus Graz, ihn
wieder in die Stadt zu fahren. Nach kurzer Fahrt zwang er die
Pkw-Insassen auszusteigen, sonst würde er sie "abstechen". Doch aus
der motorisierten Flucht wurde wieder nichts. Die Lenkerin hatte
geistesgegenwärtig den Zündschlüssel eingesteckt. Schließlich gelang
es der Gendarmerie, den Burschen zu schnappen. Der Sachschaden
beträgt rund 100.000 Euro. Die Feuerwehr musste zu Aufräumarbeiten
ausrücken, da aus dem Tankaufleger mehrere hundert Liter Diesel
ausgeflossen waren, weswegen Umweltalarm gegeben worden war.
Der 16-Jährige ist nach Auskunft des Gendarmeriepostens Hartberg
bisher "nicht strafauffällig" gewesen. Dies wurde auch vom Heimleiter
Karl Pack bestätigt. Der Bursch, der aus dem Bezirk Leibnitz stammt,
wohnte in Hartberg im Landesjugendheim. Dieses soll für Jugendliche
von 14 bis 19 Jahren einen Wohnplatz während einer Schul- oder
Berufsausbildung bieten.
Familienprobleme
Die Zöglinge stammen aus Familien, deren Eltern sich nicht oder
kaum um die Kinder kümmern. Wenn der Jugendliche aus dem Gewahrsam
der Justiz zurückkehre, werde er wieder im Heim untergebracht werden
müssen, da sich die Familie nicht um ihn kümmern wolle. Man werde ein
Team aus Lehrherren, Psychologen und Sozialarbeitern bilden, um
"gemeinsam mit dem Jugendlichen eine Lösung finden zu können", so
Pack.
Der Teenager sei von zu Hause im südsteirischen Leibnitz
weggewiesen worden, sagte Pack. Es habe Differenzen und
Alkoholprobleme gegeben, die Mutter und der ältere Bruder würden sich
nicht um den Burschen "kümmern können oder wollen", der Vater wohne
nicht am selben Ort. Der 16-Jährige, der eine Schlosserlehre
absolviert, sei zudem erst seit Anfang Juni im Heim, so Pack. "Wenn
man ihn morgen fragt, warum er das getan hat, wird er vermutlich
sagen, er wisse es nicht." Nach Hause kann der Bursche, der im Heim
eine Schlosserlehre absolviert, Pack zufolge jedenfalls nicht zurück.
"Er wird also wieder zu uns kommen", vermutet der Heimleiter.(APA)