Wien - Wie könnte es auch anders sein. Einer, der mit dem Zirkus um die Welt reist, den muss es schon in der Jugend in die Ferne gezogen haben. Peter Kostal, der einzige Österreicher beim kanadischen Cirque du Soleil, ist so einer - sagt er und grinst dabei so verschmitzt, dass es ihm die Backen nach oben schiebt. Der Elektriker ist in Penzing aufgewachsen und hat nach der Schule dort seine Lehre gemacht.

Seit 1997 sorgt Peter gemeinsam mit den anderen Installateuren, Schweißern, Mechanikern und Tischlern dafür, dass jeden Abend "Saltimbanco", die Show, mit der der Cirque bis 11. August in Wien gastiert, auf der Bühne funktioniert. Dafür verlegt er bei jedem Zirkusstopp aufs Neue - hochgerechnet - achtundzwanzig und einen halben Kilometer Stromkabel für Licht, Ton und Telefon. Aber was redet ein vagabundierender Wiener schon viel, der sich als "eh net so wichtig" für die Show sieht? Schnell steht Peter vom Bühnenrand auf und huscht rüber in Richtung Probenzelt.

In diesem ist unter anderem die Kostümwerkstatt untergebracht. Dort stecken an Haken auch all jene fantasievollen Masken, die abends über Artistenköpfe gezogen in der Show auftauchen. Daneben noch ein Brett, auf dem für Ordnung gesorgt wird. Häferl an Häferl hängt da drauf. Kleine weiße Namensschilder bedeuten, wer aus ihnen trinken darf. Im selben Zelt stehen die Fitnessgeräte für die Artistinnen und Artisten. Eine perfekte Haltung bedingt eben einen perfekt trainierten Körper.

Auf dem Boden kugeln Laurent und Jerome lachend herum. Die beiden versuchen gerade, sich aufeinander zu stapeln. Der eine probiert im Nacken des anderen einen Kopfstand. Polternd fallen sie wieder um. Alles nur Spaß, denn diese Übung vollführen nicht die beiden jeden Abend in der Arena, sondern zwei Artisten aus Russland - eben in perfekter Haltung aufeinander gestapelt.

Zu groß geworden

Konzentriert schwingt auf dem Übungstrapez die 12-jährige Dasha aus der Ukraine. Gerade hat sie noch mit ihrer Lehrerin in der Containerschule am Gelände Französisch geübt. Jetzt trainiert sie hier ihre Muskeln. "Weil sie stark genug werden will", erzählt die Niederländerin Laurina; damit sie einmal hoch oben im Zirkuszelt auf der fliegenden Stange turnen kann. Dasha hat ihre bisherige Akrobatiknummer an ihren um sechs Jahre jüngeren Bruder Maxsim abgegeben, weil sie zu groß und schwer wurde.

In einer Ecke des halbdunklen Zeltinneren steht ein Fernsehgerät - nicht bloß zum Zeitvertreib. "Da wird jeden Abend die Show aufgezeichnet und am nächsten Tag analysiert." Laurina weiß, dass es vor allem für neue Künstler wichtig ist, die Rückmeldung zu bekommen, ob sie in "Saltimbanco" gut genug waren. Nicht nur gut zu sein, ist die Anforderung an jene, die beim Cirque du Soleil reüssieren wollen. Schlichtweg perfekt müssen sie sein.

Ohne den Willen, etwas Besonderes auf die Beine zu stellen, würde der Zirkus aus Kanada ohnehin nicht das sein, wofür er weltweit bekannt ist. Ein gut funktionierendes Unternehmen mit aufwändigem Marketing und effizienter Logistik. Dass alleine täglich 400 Mahlzeiten in der mobilen Küche auf den Tisch gebracht werden, bedingt gute Planung.

In den 58 eigenen Trucks, die das mobile Containerdorf zu allen Auftrittsorten in Europa transportieren, ist jedenfalls Platz für die Kühlcontainer. In denen stapeln sich griffbereit Nutella, Nudeln, Müsli und Konserven - wie in jedem Durchschnittshaushalt. Die Mengen sind für 125 Tourneemitarbeiter bloß ein wenig üppiger bemessen.

Ab 17 Uhr gibt es Abendessen. Schon jetzt schmoren die Paprika in der Pfanne. Perfekt ist auch das Küchentiming. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2002)