Wien - Statt jährlich acht Millionen Tonnen sollen in absehbarer Zeit sechzehn Millionen Tonnen Güter in Waggons durch Tirol geschleust werden, sagte ÖBB-Vorstand Ferdinand Schmidt zum STANDARD. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, wollen die heimischen Eisenbahner ab Jänner mit der Deutschen (DB Cargo) und der italienischen Bahn (FS) eng kooperieren. Statt also bisher drei soll es künftig einen Ansprechpartner geben, der über den gesamten Streckenabschnitt zwischen Verona und München Auskunft gibt und Aufträge annimmt.Abwickeln soll den Schienenschwerverkehr eine gemeinsame Produktionsgesellschaft, zumindest aber eine eigenständige Organisationseinheit in Innsbruck - mit rund hundert fix zugeteilten Loks. Details werden noch verhandelt, sagte Schmidt. Mit den drei Staatsbahnen matchen sich seit kurzem zwei andere Gesellschaften auf der Brennerroute: die deutsch-italienische Lokomotion und die Rail Traction Co. (RTC), an der eine Tochtergesellschaft der italienischen Autostrade del Brennero beteiligt ist. Beide zusammen bringen es im Güterverkehr über den Brenner auf acht Prozent Marktanteil. Lothar fehlt heuer Anders als etwa die Deutsche Bahn musste die ÖBB im ersten Halbjahr 2002 weder im Personen- noch im Güterverkehr Einbrüche verzeichnen. Zwar spüre man Einbußen gegenüber dem Vorjahr, aber damals habe der orkanartige Sturm "Lothar" überraschend höheres Wachstum bei Holztransporten verursacht. Ein Tonnagewachstum um drei Prozent sei erreichbar, sagt Schmidt. Eher sorgenvoll blickt die ÖBB auf den Kombiverkehr, also die rollende Landstraße (Rola). Dieser sei rückläufig, insbesondere was die Planwerte Richtung Osten betrifft. Schmidt sieht binnen drei bis vier Jahren dennoch eine Kapazitätsverdoppelung, wenn Performance und Produktivität des (eisenbahn-)technisch und finanziell sehr aufwändigen Systems deutlich verbessert würden. Heißt auf gut Deutsch: Vertrieb und Marketing müssen intensiviert und der Betrieb effizienter gestaltet werden. Um die Zahl der Verladeterminals zu erhöhen, die Kosten dafür aber nicht allein tragen zu müssen, strebt Schmidt dabei Kooperationen mit Spediteuren an. Derzeit transportiert die Bahn täglich 1300 Laster via Rola, in Summe rund 450.000 Lkw pro Jahr. Keine zusätzliche Preisnachlässe Zusätzliche Preisnachlässe werde es beim ohnehin hoch subventionierten System jedenfalls nicht geben, der Druck von den verstopften Straßen werde spätestens mit der Osterweiterung groß genug sein, um die Brummer auf Schiene zu bringen. "Die Rola hat Zukunft. Italien, Frankreich, Deutschland und die Schweiz steigen gerade wieder ein", sagt Schmidt. Auf einem "unbefriedigend konstanten Niveau" bewegen sich hingegen die Passagierzahlen im Personenverkehr. Von den 183 Millionen Fahrgästen, die im Vorjahr in ÖBB-Zügen unterwegs waren, fuhren etwa 160 Millionen im Nahverkehr. Geld verdienen lässt sich allerdings nur mit dem Fernverkehr, wo Komfort und Service laufend verbessert werden. Die Fahrgastzahlen ließen sich nur durch ein Bündel an verkehrspolitischen Maßnahmen - von aggressiver Parkraumbewirtschaftung bis zur Einführung einer Pkw-Maut - substanziell steigern, glaubt der für den Absatz zuständige ÖBB-Vorstand. (Günther Strobl, Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 22.07.2002)