Kunst und Kultur
Anwältin der stummen ZeugInnen der Vergangenheit
Eva-Maria Höhle ist die erste Generalkonservatorin des Bundesdenkmalamts
Wien - Seit 1. Juni ist Eva-Maria Höhle neue
Generalkonservatorin des Bundesdenkmalamts (BDA). Die frühere
Landeskonservatorin für Wien ist die bisher erste Frau, die dieses
Amt im nach wie vor männerdominierten Bereich von Denkmalschutz und
Denkmalpflege ausübt. Im Gespräch über ihre Zielsetzungen und
Arbeitsschwerpunkte wurde Höhles Durchsetzungsvermögen, gepaart mit
Kooperationsstreben und Realismus, deutlich: "Wünsche hat man viele,
die wie ein Brief ans Christkind sind. Aber dieses Christkind kommt
vielleicht erst in zehn Jahren"."Was will denn das Mäderl hier?"
"Das schau ich mir an", war schon die Devise der jungen
Landeskonservatorin für Wien, wenn ihr auf der Baustelle Männer mit
der Haltung "Was will denn das Mäderl hier?" begegnet seien und ihre
Vorschläge mit einem typisch Wienerischen "Des geht net" kommentiert
hätten, erzählt Höhle. "Wenn ich dann aufs Gerüst geklettert bin,
waren sie baff." Anschauen will Höhle sich nun vorerst, gemeinsam mit
BDA-Präsident Wilhelm Georg Rizzi, im Gespräch mit den einzelnen
Abteilungen deren Finanz- und Personalbedarf. In Verbindung damit
will sie auch den Aufgabenbereich des BDA neu definieren.
Minimaler Personalstand darf nicht unterschrittten werden
"Manches kann man durch veränderte Strukturen ökonomischer
machen", ist sich Höhle sicher. So könnten manche Aufgaben von
anderen Institutionen übernommen werden. Es gebe aber einen minimalen
Personalstand, der nicht unterschritten werden könne. So müsse etwa
die seit 1995 "mangels finanzieller Bedeckung" vakante
Restauratoren-Stelle für Wandmalerei nachbesetzt werden - eine von
ohnehin nur vier Restauratoren-Planstellen des BDA.
"Wir laufen am Limit"
Dringlich wäre auch eine Reihe technischer Anschaffungen für die
Restaurier-Werkstätten, etwa die Erneuerung des veralteten
Raster-Elektronen-Mikroskops oder ein zum internationalen
Ausrüstungs-Standard zählendes Lasergerät für die Reinigung, das
bisher ausgeliehen werden müsse. "Auch in den Landeskonservatoraten
laufen wir am Limit. Wir sind mit einem unglaublichen Einsatz und
Idealismus aller Beteiligten gerade noch in der Lage, die Aufgaben
der Denkmalpflege wahr zu nehmen."
Denkmalpflege
als Wirtschaftsfaktor thematisieren
Mit einem größeren Budget könnte man den Eigentümern
denkmalgeschützter Objekte mehr Anreize bieten, diese restaurieren zu
lassen, indem das BDA mit finanziellen Teilbeträgen einspringen
könnte. Denn zur Restaurierung zwingen, so Höhle, kann das BDA
private EigentümerInnen nicht - "es gibt keinen aktiven Denkmalschutz".
Besonders am Herzen liegt der Generalkonservatorin daher auch die
Einführung steuerlicher Erleichterungen für Investitionen in den
Denkmalschutz bzw. die Denkmalpflege. Derzeit würden verschiedene
Modelle überlegt.
Außerdem müsste stärker als bisher die Bedeutung der Denkmalpflege
als Wirtschaftsfaktor thematisiert werden, findet Höhle, etwa was die
Schaffung von Arbeitsplätzen und die Umwegrentabilität im Tourismus
betrifft. Überhaupt ist der Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit für sie
eine "existenzielle Frage". Schon allein um Sponsoren zu aktivieren,
müsse man künftig viel stärker die Arbeit des BDA nach außen
kommunizieren. Ein klareres Bild von den vielfältigen Aufgaben und
den Strukturen des BDA würde auch den immer wieder auftauchenden
Ideen einer Privatisierung bzw. Ausgliederung oder Dezentralisierung
des BDA entgegensteuern.
Struktur
Das Bundesdenkmalamt (BDA) als zentralistisch organisierte
Bundesbehörde besteht aus neun Landeskonservatoraten, aus zentralen
Fachabteilungen - etwa für spezifische Denkmalkategorien, für die
Ausfuhr und Inventarisierung von Denkmälern - sowie aus den beiden
Restaurierwerkstätten, jener für Baudenkmäler in Mauerbach und der
für Kunstdenkmäler im Arsenal. Der BDA-Präsident ist als Amtsleiter
für die organisatorischen Belange, die Generalkonservatorin für die
wissenschaftlich-fachliche Leitung zuständig. Die Beurteilung
baulicher Veränderungen von Denkmälern obliegt seit 1991 dem
Architekturdirektor - diese Funktion übt derzeit Wilhelm Georg Rizzi
in Personalunion als BDA-Präsident aus.
Das BDA will ein bundesweit einheitliches Niveau des
Denkmalschutzes garantieren. Für die Durchführung der Restaurierungs-
und Sanierungsarbeiten sind die Landeskonservatorate zuständig, in
Wien werden die wissenschaftlichen Grundlagen aufgearbeitet. Die vier
BDA-Restauratoren (bzw. derzeit drei - für Ölmalerei, Steinarbeiten
und Figuren) haben also vor allem beratende und kontrollierende
Funktion, die praktischen Arbeiten werden im Wesentlichen von
freiberuflichen Restauratoren ausgeübt. In den Restaurier-Werkstätten
werden aber auch neue technische Methoden entwickelt und
internationale Fachtagungen und Seminare zur Aus- bzw. Fortbildung
abgehalten.
Eine Dezentralisierung und Überantwortung der Denkmalpflege an die
Länder, wie sie in den 90er Jahren zum Teil angestrebt wurde, würde
das Niveau der zentralen Fachabteilungen gefährden, ist Höhle sicher,
denn für den Aufbau entsprechender Strukturen in den Bundesländern
(nur die Landeskonservatorate für Niederösterreich und das Burgenland
sind ebenfalls in Wien angesiedelt) gäbe es gar nicht genügend
qualifiziertes Personal. Die Teilrechtsfähigkeit gilt im Moment nur
für die Werkstätten im Arsenal und in Mauerbach.
Gesellschaftlicher Auftrag
"Wir verstehen uns als Anwälte der stummen Zeugen der
Vergangenheit", beschreibt Höhle den "gesellschaftlichen Auftrag" des
BDA. Dass man dabei manchmal unbequem sein müsse, liege in der Natur
der Sache. Es sei ihr aber bisher fast immer gelungen, gemeinsam mit
den EigentümerInnen eine für beide Seiten befriedigende Lösung zur
Erhaltung und vor allem auch zur weiterhin möglichen Nutzung der
Objekte zu finden: "Wir wollen sie ja nicht musealisieren!"
(APA)