Wien - Die angespannte finanzielle Lage der international agierenden Mobilfunkbetreiber veranlasst diese, sich aus dem osteuropäischen Raum wieder zurückzuziehen, beobachtet Georg Serentschy, Managing Director von Arthur D. Little. Dies zu einer Zeit, in der der Mobilfunk in diesen Ländern mit zweistelligen Wachstumsraten zulegt und das Festnetz bei der Durchdringung zu überholen beginnt. Auch sind ehemals staatliche bzw. noch staatliche Telekomunternehmen wie die tschechische Ceský Telecom, die ungarische Matáv oder die Slowenische Telekom profitabel - oder der Einstiegspreis ist zumindest relativ niedrig. "Best-Buy-Situation" "Eigentlich eine Best-Buy-Situation", sagt Serentschy. "In die Lücke, die Telekomunternehmen wie Swisscom oder die niederländische KPN hinterlassen, stoßen Finanzinvestoren." Diese gehen mit präzisen Exitstrategien in die neuen Märkte und nehmen Minderheitsbeteiligungen westeuropäischer Telkos aus Know-how-Gründen mit. Dabei unterscheidet sich die Ausgangssituation in den osteuropäischen Ländern von der in Westeuropa fundamental, weiß Serentschy aufgrund einer Arthur-D.-Little-Untersuchung. Zwar wird sowohl in West- als auch in Osteuropa der Ausbau des Festnetzes nicht weiter vorangetrieben. Doch während im Westen kabelgebundene Telefonie sukzessive auf breitbandige Internetanschlüsse umgebaut wird, stagniert der Festnetzausbau in den osteuropäischen Ländern trotz einer vergleichsweise niedrigen Versorgungsrate. Serentschy: "Der Aufbau eines Festnetzes ist ja viel teurer. Deshalb konzentrierten sich Investoren dort immer schon auf den Mobilfunk." Fokus auf GSM Dabei wurde überall im Osten der Fokus auf die digitale Mobiltelefonie der 2. Generation - GSM - gelegt. Mobiltelefonie der 3. Generation - UMTS - wird noch in den nächsten Jahren wenig bis gar nicht angeboten werden. Auch stehen in einigen Ländern die Vergabe der UMTS-Lizenzen erst an. Die Marktgröße der EU-Kandidaten ist beachtlich. Die Umsätze aller Festnetz-, Mobilfunk- und Datendienstanbieter wird heuer um 13 Prozent auf 16,3 Mrd. Euro wachsen und entspricht damit bereits einem Drittel der erwarteten Telekomumsätze in Deutschland. Größter Markt ist Polen, wo etwa 40 Prozent aller Telekomumsätze Zentral- und Osteuropas erzielt werden. Beim Pro-Kopf-Umsatz wird nach Schätzungen von Arthur D. Little Slowenien heuer mit 330 Euro führen, gefolgt von Ungarn mit 240 Euro und Tschechien mit 220 Euro. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Pro-Kopf-Umsatz der Telekomunternehmen innerhalb der EU liegt bei 640 Euro. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Printausgabe 23.7.2002)