"Wer will kann kommen"
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4., 7., 8., 9., 10. und 11. 8., 22.00

Foto: ImPulsTanz/© GAS
Johnny ist ein Drag King. Einer von jener Sorte, die Männlichkeit an Schnauzbart und Fliegerbrille festmachen. Setzt er sich hin, macht er die Beine breit. Mrs. Twiggy ist solches Gehabe fremd. Die Gastgeberin eines Art-Clubs wirft sich lieber in Schal und Pose und schwatzt ihr Publikum voll. Darsteller sind sie beide: Ihr Mann- bzw. ihr Frausein sind wie Masken, die aufgesetzt und wieder abgenommen werden können. "Wer will kann kommen" ist Barbara Kraus' performativer Beitrag zum aktuellen Identitätsdiskurs. Eine lustvolle, Rollen wie Kleidung wechselnde Soloperformance, in der sich die Wiener Künstlerin die schrillen Fassaden eines exzentrischen Personals überstülpt. Seit drei Jahren gehört die "Identity-Tour", so der Untertitel, zu den ambitionierteren Performances der Stadt. Erst vor kurzem wurde die Tour für die österreichische Tanzplattform ausgewählt. "Ein Thema meiner Arbeit ist immer die Frage nach den Spielregeln", erklärt Kraus, deren Verhältnis zu Normen auch abseits des Geschlechterdiskurses erwartungsgemäß alles andere als gelassen ist. Erst mit 24 Jahren entschloss sich die 1966 Geborene, eine Tanzausbildung zu beginnen. Zu den Tanzgrößen, die damals in Amsterdam als Gurus galten, pflegt sie mittlerweile allerdings ein distanziertes Verhältnis: "Steve Paxton oder die Judson Dance Group predigten: Tanz soll nicht emotional und nicht narrativ sein! Doch wo käme ich da hin, wenn ich mich an all diese Regeln halten würde?" Widerstände sind bei Kraus Motoren, die die künstlerische Arbeit am Laufen halten. Im Improvisationszyklus Yelling at Your Boots waren es die Vorstellungen von weiblicher Sexualität, die mit viel Witz und noch mehr Ironie parodiert und transformiert wurden. In access denied beschäftigte sich die Künstlerin mit Humantechnologien. "Ich greife immer das auf, was im Moment passiert." Damit meint Kraus nicht nur die gesellschaftlichen Themen, um die ihre Arbeiten kreisen. Genauso wichtig ist der Augenblick, auf den sie improvisierend antwortet. Nicht selten zur Überraschung ihrer Zuschauer. (hil, DER STANDARD, Printausgabe vom 23.7.2002)