Sechs Menschen verteilen 850 Millionen Euro - den Großteil der Werbeausgaben in Österreich, die Blätter, Fernsehen, Radio finanzieren. Die Halbjahresbilanz der Mediariesen und ihr Ausblick bis 2003.
Redaktion
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Der Größte - laut Focus Werbebeobachtung - greift zur drastischsten Zahl: Um "mindestens 20 Prozent" habe sich das Werbevolumen in der ersten Jahreshälfte 2002 reduziert, sagt Paul Schauer
. Der Chef von Omnimedia/Media Austria: "Das erste Halbjahr war eine Katastrophe. Wer etwas anderes sagt, beschönigt." Der kräftige Rückgang ziehe sich durch "alle Agenturen".
Die Werbebeobachter von Focus veröffentlichten ihre offizielle Halbjahresbilanz: Trotz eines "leichten Plus" im Juni weist man einen Rückgang im einstelligen Prozentbereich aus - mehrere Monate davor ging es stets bergab.
"Was Focus erhebt, sind Listenpreise", sagt Schauer. Soll heißen: Die Werbebeobachter wissen nicht, welche Rabatte oder Sonderkonditionen die Medien ihren Kunden einräumen. Sie können nur beispielsweise erschienene Inserate vermessen und mit den offiziellen Tariflisten in Werbegeld umrechnen.
Weniger drastisch als Schauer Panmedia-Chefin
Elisabeth Ochsner
: "Einstellig" sieht sie den prozentuellen Rückgang gegenüber dem ersten Halbjahr 2001.
In "drei Schüben" soll es bergauf gehen
Schauer klingt indes für die nächsten Monate positiver als seine Kollegen: In "drei Schüben" soll es bergauf gehen, erwartet er. Und zwar in umgekehrter Reihenfolge zum Abschwung: Der Telekommarkt werde "anspringen", den er im Frühjahr wegen zweier Markenumstellungen "auf der Bremse" sah. Schauer betreut die Telekom Austria.
Peter Lammerhuber
(Mediacom) widerspricht: Gerade der massive Werbedruck für T-Mobile als max-Nachfolger im ersten Halbjahr rette diesem Segment die Halbzeitbilanz: "Alle Mitbewerber sind sehr verhalten und versuchen Geld zurückzuverdienen." Zum ersten Schub zählt Schauer noch die Werbung für Energieversorger. Sie blieb im ersten halben Jahr unter seinen Erwartungen.
In Schub zwei sollen mit Spätherbst multinationale Markenartikler den Schock des 11. September 2001 überwinden. Auch da sieht Lammerhuber andere Vorzeichen: "Wenn Billa 2000 Artikel auslistet, trifft das klar die Markenartikler, deren Umsätze und Erträge und damit ihre Werbeaufwendungen."
Der Mediacom-Chef setzt größere Erwartungen für die zweite Jahreshälfte und 2003 in Dienstleistungen wie Banken, Versicherungen und Reisebüros. Das trifft sich mit dem Befund von Panmedia-Geschäftsführerin Ochsner: "Wofür die Menschen derzeit Geld ausgeben", seien - neben "schnelllebigen Konsumgütern" - vor allem Dienstleistungen wie Urlaub und Reise. Der Automarkt hingegen ist eingebrochen wie andere langlebige Gebrauchsgüter.
Zu deren Gunsten könnte das Pendel im zweiten Halbjahr zurückschwingen, meint Ochsner. Wenn die Konsumenten ihre "künstliche Zurückhaltung" langsam aufgeben, die sie in Euro und Teuerungen begründet sieht. Aber: "Das große Wachstum kommt deshalb sicher nicht, auch nicht nächstes Jahr."
Anfang 2003 erwartet Schauer den dritten Schub, Erholung der Konjunktur. Diese brach für die Werbung bereits im Frühjahr 2001 ein.
Keine Schübe erwartet
Herta Zink
(OMD) "pragmatisch": "Ich glaube nicht an einen großen Boom im zweiten Halbjahr und sehe auch keine Anzeichen für Spitzen, auf die wir seit Jahresbeginn warten. Wir müssen uns auf dieses Niveau einstellen."
Nach dem "ausreichend unerfreulichen" ersten Halbjahr muss die Werbebranche mit "minus fünf Prozent im Gesamtjahr" rechnen, meint
Andreas Hofmaier
(HMS Carat): "Die US-Wirtschaft implodiert gerade. Als gelernter Österreicher kann man da nur als Tugend sehen, dass die Bevölkerung hier den Aktienmarkt breitflächig ignoriert hat." Hofmaiers Prognose: 2003 könnten sich zwei bis vier Prozent Plus gegenüber heuer ausgehen.
Gerhard Altmann
(Demner, Merlicek & Bergmann Media) formuliert vorsichtig: Im zweiten Halbjahr ist für ihn schon "Änderung zum Positiven", dass die "Budgets wieder weniger reduziert werden". Für "Euphorie" reicht das naturgemäß nicht. Altmanns Ausblick auf 2003: "Ich glaube, das Ärgste ist vorbei." (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 24.7.2002)
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