New York - "Die Vogel-Strauß-Methode zieht nicht." Mit diesen Worten hat die ehemalige Chef-Buchhalterin der US-Börsenaufsicht SEC, Lynn Turner, das Verhalten der Banken in Fall Enron kritisiert. Die Citigroup Inc und die J.P. Morgan Chase & Co, beide New York, standen am Dienstag im Mittelpunkt einer mehr als neun Stunden dauernden Anhörung im US-Senat. Die beiden Institute wehrten sich gegen Vorwürfe, wonach sie dem Energiehändler Enron Corp, Houston, bei der Verschleierung von Schulden geholfen haben sollen. Für jegliche Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzierung machten sie Enron selbst und deren Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen verantwortlich. "Keine Gesetze verletzt" Man habe keine Gesetze verletzt, und es sei nicht ihre Aufgabe, die Verbuchung bestimmter Transaktionen durch ihre Kunden zu prüfen, schüttelten die Vertreter der beiden Institute die Anschuldigungen gegen sie ab. Für so genannte Prepaid-Transaktionen im Volumen von rund fünf Mrd. Dollar (4,96 Mrd. Euro), die eigentlich als Verbindlichkeiten hätten ausgewiesen werden müssen, sollen die Banken mehr als 200 Mill. Dollar an Gebühren erhalten haben, hatten die Ermittlungen eines Senatsausschusses erbracht. Nach Aussagen von Senatsmitgliedern sollen die Institute Enron und anderen Energieunternehmen bewusst Prepaid-Transaktionen empfohlen haben, in deren Rahmen Bargeld für die Lieferung eines Rohstoffs zu einem späteren Termin gezahlt wird. Dies sei in der Branche durchaus gängige Praxis. Allerdings wickelten die Energiegesellschaften diese Transaktionen über eine Vielzahl von Kanälen ab. Involviert seien außer dem Unternehmen selbst Auslandsmantelfirmen - allgemein als Special-Purpose Entities oder SPEs bekannt - und auch die Banken. Auf diese Weise würden die Unternehmen in die Lage versetzt, die Barmittel als Teil der Handelsoperationen zu bilanzieren und nicht als Verbindlichkeiten. Angehört wurden am Dienstag auch Vertreter der Ratingagenturen Standard and Poor's sowie Moody's Investor Service. Hätten sie von den Prepaid-Vereinbarungen gewusst, so hätten sie die Kreditratings für Enron gesenkt, führten die Sprecher aus. J.P. Morgan Chase und Citigroup sind nach bisherigen eigenen Angaben in hohem Maße von der Insolvenz von Enron betroffen. Ihre Engagements bei dem Unternehmen hatten sie zuletzt auf 2,6 bzw. 1,2 Mrd. Dollar beziffert. Die Anleger reagierten mit umfangreichen Abgaben auf die Ergebnisse der Anhörung im Senat. Der Aktienkurs von Citigroup sank zeitweise um knapp 16 Prozent, der von J.P. Morgan Chase um gut 18 Prozent.(APA/vwd)