Inland
Universität Graz bietet erstmals Gebärdensprachdolmetsch- Studium an
10.000 Österreicher sind auf derartige "Vermittler" angewiesen - Größter Bedarf an ÖGS-Dolmetschern im Ausbildungsbereich
Graz (APA) - 400.000 Menschen in Österreich sind in irgendeiner
Form hörbeeinträchtigt. Rund 10.000 von ihnen benutzen die
Gebärdensprache als so genannte "Erstsprache" bzw. Muttersprache,
weitere 10.000 haben sie als Angehörige oder Freunde der Betroffenen
im Laufe ihres Lebens gelernt. Am Institut für Übersetzer- und
Dolmetscherausbildung an der Karl-Franzens-Universität Graz wird ab
Herbst dieses Jahres österreichweit erstmals ein Studium zum
Gebärdensprach-Dolmetscher angeboten. Bisher konnte die Sprache
lediglich als Fächerkombination oder Ergänzungsstudium inskribiert
werden. In Österreich herrscht nach wie vor in vielen Bereichen ein Mangel
an Gebärdensprachdolmetschern, so Nadja Grbic, die Leiterin der
Abteilung für Gebärdensprache und Gehörlosenkultur. In der Folge sind
für Gehörlose nicht nur die Möglichkeiten der Ausbildungs- und
Berufswahl eingeschränkt, sondern auch beispielsweise in der
medizinischen Versorgung kann es ohne den Einsatz von Dolmetschern zu
Missverständnissen kommen, erklärte Grbic am Mittwoch im Gespräch mit
der APA.
"Das Anforderungsprofil für GebärdensprachdolmetscherInnen hat
sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt", schildert Grbic:
Neben dem Dolmetschen bei Gericht, bei Ämtern und Behörden und bei
Arztbesuchen werden Gebärdensprachdolmetscher vor allem im
Weiterbildungs- und Umschulungsbereich (zum Beispiel für
Computerkurse) in der Schule (Elternabende, Elternvereinssitzungen,
Sprechtage u. ä.), der Wirtschaft (Bankgeschäfte, Kauf, Leasing), der
Politik (politische Versammlungen, politische Reden,
Politikergespräche u. ä.), im religiösen und kulturellen Bereich
(Messe, Taufe, Hochzeit, Theateraufführungen,
Ausstellungseröffnungen) gebraucht. Derzeit gibt es etwa 50 geprüfte
Gebärdensprachdolmetscher. Bei 10.000 Gehörlosen in Österreich
bedeutet dies, dass ein Dolmetscher für 200 Gehörlose zur Verfügung
steht.
An der Abteilung für Gebärdensprache am Dolmetschinstitut der
Universität Graz weiß man um diesen Bedarf und bietet schon seit zehn
Jahren Lehrveranstaltungen zur Gebärdensprache im Fächerbündel an. Ab
dem Wintersemester 2002 wird nun in Graz - als einziger
universitärer Standort in Österreich - eine Dolmetschausbildung für
österreichische Gebärdensprache auf Hochschulniveau angeboten.
Das Studium zum Gebärdensprach-Dolmetscher dauert fünf Jahre. Es
gliedert sich in drei Studienabschnitte, zu zwei, vier und nochmals
vier Semestern. Der dritte Studienabschnitt gliedert sich in zwei
Studienzweige (Studienzweig Übersetzen und Studienzweig Dolmetschen).
Das Studium ist kombinationspflichtig mit einer der folgenden
Sprachen: Arabisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Deutsch als
Fremdsprache, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch,
Slowenisch, Spanisch, Türkisch, Ungarisch.
Neben der Gebärdensprachdolmetsch-Ausbildung will man an der
Grazer Abteilung auch die Entwicklung von Lehrmaterialien forcieren,
den Forschungsschwerpunkt zu diesem Thema ausbauen und die
interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Instituten verstärken. (APA)