Diplomatie
Beziehungen Österreich-Israel
1960 Herstellung voller diplomatischer Beziehungen - Kreiskys Nahost-Politik führte zu Konflikten
Wien - Die österreichisch-israelischen Beziehungen waren in
der Vergangenheit wiederholt stark belastet. Im
Folgenden eine Chronologie der bilateralen Beziehungen seit 1949. März 1949: De facto-Anerkennung Israels durch Österreich, Vorstufe
der Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
Sommer 1949: Überführung der sterblichen Reste Theodor Herzls aus
Wien nach Jerusalem.
Juni 1949: Israel schlägt ein Wirtschaftsabkommen mit Österreich
vor, ab 1950 beginnt ein fruchtbarerer wirtschaftlicher Austausch.
Frühjahr 1950: Aufnahme konsularischer Beziehungen zwischen
Österreich und Israel. De iure-Anerkennung Israels durch Österreich.
Gegenseitige Bestätigung erfolgt erst 1952.
Herbst 1951: Verhandlungen um einen österreichischen Handelskredit
von 100 Millionen Schilling, Österreich fordert im Mai 1952 als
Gegenleistung den Verzicht Israels auf Reparationen. Die israelische
Delegation gibt bei der Vertragsunterzeichnung für den Kredit die
Erklärung ab, dass alle Forderungen Israels an Österreich getilgt
wären.
November 1952: Österreich stimmt für die Aufnahme von
Verhandlungen mit dem "Jewish Committee for Claims on Austria"
(zukünftig "Claims Committee").
Dezember 1952: Israel stimmt bei der Generalversammlung der UNO
für ein Ende der alliierten Besatzung und die Wiederherstellung der
vollen Souveränität Österreichs.
Juni 1953: Beginn der Verhandlungen Österreichs mit dem "Claims
Committee".
Juli 1955: Nach Unterzeichnung des Staatsvertrages und nach
Abschluss der Verhandlungen mit dem "Claims Committee" verbessert
sich der diplomatische Austausch der beiden Staaten. Israel
unterzeichnet ein Luftverkehrsabkommen und erkennt im November 1955
die österreichische Neutralität an.
Frühjahr 1956: Israel erhebt sein Generalkonsulat in Wien zur
Gesandtschaft.
Sommer 1958: Unterzeichnung eines Handelsvertrages.
1960: Herstellung vollwertiger diplomatischer Beziehungen auf
Botschafterebene.
1968 bis 1986: An die 270.199 russische Juden wandern über Wien
aus.
28. September 1973: Zwei arabische Terroristen nehmen aus einem
Zug mit jüdischen Auswanderern aus der Sowjetunion vier Geiseln.
Bundeskanzler Bruno Kreisky erreicht eine friedliche Beendigung der
Geiselnahme unter der Bedingung der Schließung des Durchgangslagers
für jüdische Auswanderer aus der Sowjetunion in Schönau in
Niederösterreich, das de facto von der Jewish Agency verwaltet wird.
Diese Konfliktlösung führt zu einer massiven internationalen Debatte
in der Kreisky von israelischen und amerikanischen Diplomaten heftig
kritisiert wird. Israels Regierungschefin Golda Meir fordert in Wien
vergeblich die Rücknahme der Entscheidung.
März 1974: Kreisky steht einer Delegation der Sozialistischen
Internationale vor, die eine "Fact Finding Mission" nach Ägypten,
Syrien und Israel unternimmt. Trotz seiner Unterstützung für den
Staat Israel setzt sich Kreisky für die Lösung des
Palästinenserproblems ein.
November 1975: Österreich stimmt der Anti-Zionismus Deklaration
der UNO nicht zu.
1977: Unter Ministerpräsident Menachem Begin verschärft sich die
Auseinandersetzung mit Kreisky. Zwischen 1977 und 1982 finden keine
offiziellen Besuche zwischen Israel und Österreich statt.
11. März 1980 Österreich erkennt als erster westlicher Staat in
Europa die PLO an. Bilaterale Beziehungen erreichen einen Tiefpunkt.
1986 bis 1992: Im Zuge der Wahl Kurt Waldheims zum
Bundespräsidenten wird die Verantwortung Österreichs für Verbrechen
der NS-Zeit diskutiert. Die beiderseitige Herabsetzung des Ranges der
diplomatischen Vertretungen auf Geschäftsträger-Ebene stellt einen
neuen Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen Österreich und Israel
dar.
1992: Ende der Amtszeit Kurt Waldheims als Bundespräsident und
Regierungswechsel in Israel, Yitzhak Rabin von der Arbeiterpartei
kommt an die Macht. Eine Entspannung tritt ein.
Juni 1993: In einer Rede an der Hebräischen Universität in
Jerusalem bekennt sich Bundeskanzler Franz Vranitzky zur
österreichischen Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus
und dessen Nachkommen.
November 1994: Israelbesuch Bundespräsident Thomas Klestils.
Klestil spricht in der Knesset, wobei er, die österreichische
Vergangenheit betreffend, eine ähnlich Position wie Vranitzky
vertritt.
Februar 2000: Aus Protest gegen den Regierungseintritt der FPÖ
ruft Israel seinen Botschafter Nathan Meron "auf unbestimmte Zeit"
aus Wien ab. Die israelische Regierung erklärt, die
Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei enthalte "Elemente",
die "neo-nazistischen Charakter" trügen.
Jänner 2001: Einigung bei Restitutionsverhandlungen für Opfer des
NS-Regimes
Juli 2001: Israel ernennt den Berufsdiplomaten Abraham Toledo zum
neuen Geschäftsträger seiner Botschaft in Wien. Das Außenministerium
erklärt, die Ernennung bedeute keine Änderung der Politik gegenüber
Österreich.
Oktober 2001: FPÖ-Chefin Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer reist
in ihrer Eigenschaft als Sportministerin nach Israel, um einem
Fußball-WM-Qualifikationsspiel beizuwohnen. Das israelische
Außenministerium erklärt, Israel könne einen Privatbesuch der
Politikerin nicht verhindern, wolle jedoch mit einem solchen nichts
zu tun haben. Riess-Passer wird in Israel von dem
Knesset-Abgeordneten Roman Bronfman empfangen. In der Folge besuchen
auch der Grüne Bundessprecher Alexander van der Bellen,
SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer und Nationalratspräsident Heinz
Fischer Israel.
Mai 2002: Kunststaatssekretär Franz Morak (V) wird als erstes
Mitglied der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung zu einem Arbeitsbesuch nach
Israel eingeladen. Morak trifft dabei mit Kulturminister Matan Vilnai
zusammen. Das israelische Außenministerium betont, es handle sich um ein Arbeitstreffen, keinen "offiziellen Besuch". Moraks
Visite ändere nichts an den Beziehungen.
Juli 2002: Israels Ministerpräsident Ariel Sharon erklärt in einem
TV-Interview mit dem Hessischen Rundfunk, er habe Außenminister
Shimon Peres vorgeschlagen, sich um eine Erneuerung der Beziehungen
zu Österreich zu bemühen. Auf die Frage, ob es sich vorstellen könne,
wieder vollwertige diplomatische Beziehungen aufzunehmen, sagt
Sharon: "Ja, das ist wichtig." Boykott sei nicht die Lösung des
Problems. (APA)