New York - Nach den heftigen Kursverlusten an den US-Aktienmärkten in den letzten Wochen mehren sich die Spekulationen, die US-Notenbank (Fed) könnte die Leitzinsen noch einmal senken. Der Schlüsselzins befindet sich derzeit mit 1,75 Prozent bereits auf dem niedrigsten Niveau seit 40 Jahren."Es wird ein wenig darüber spekuliert, dass die Fed mit einer Not-Zinssenkung kommen könnte", sagte John Spinello von Merrill Lynch Government Securities. Analysten wiesen aber darauf hin, eine Zinssenkung werde voraussichtlich nur dann erfolgen, wenn sich eine größere Krise des Finanzsystems abzeichnen sollte und das Anziehen der Märkte verhindere wie etwa im Jahr 1998. Damals konnte Russland seine Schulden nicht mehr bedienen und hatte damit fast den Kollaps großer Hedge-Fonds ausgelöst. Kursgewinne Die Kurse der US-Staatsanleihen reagierten am Mittwoch mit deutlichen Kursgewinnen auf die Zinssenkungsspekulationen. Volkswirte von Goldman Sachs teilten zudem in einer Kurzstudie mit, eine Zinssenkung der Fed innerhalb der nächsten sechs Monate sei wahrscheinlicher als eine Zinserhöhung. "Wenn die Aktienmärkte zusammenbrächen und das ähnliche Probleme im Finanzsystem wie im Oktober 1987 oder 1998 auslösen würde, würde die Fed die Zinsen senken, um das Funktionieren der Finanzmärkte zu gewährleisten", hieß es in der Studie. Der ehemalige Fed-Vize-chef Alan Blinder hatte am Dienstag in einem Fernsehinterview gesagt, er sehe derzeit aber keine dringliche Not. "Wir sehen bislang nichts wirklich Großes oder Beunruhigendes. Die Frage ist nur, wie lange dies anhält", fügte er hinzu. Die US-Aktienmärkte hatten am Dienstag unter dem Eindruck der größten Firmen-Pleite der US-Wirtschaftsgeschichte beim US-Telekomkonzern auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren geschlossen. Am Mittwoch wurde der Handel jedoch nach anfänglichen Verlusten und einem darauf folgenden Rekordanstieg (6,35 Prozent) im positiven Bereich beendet. (Reuters, DER STANDARD, Printausgabe 25.7.2002)