Sachpolitik
Breite Kritik an Haupt
Petrovic: Haupts Jubel ist "absurd" - AK und ÖGB kritisieren arbeitsrechtliche Bestimmungen
Wien - Sozialminister Herbert Haupt (F) hat sich mit der von
ihm präsentierten Studie zum Kindergeld eine Welle an Kritik
eingehandelt. SPÖ-Frauenvorsitzende Barbara Prammer warf Haupt vor,
den Frauen nur die halbe Wahrheit zu sagen. Die stellvertretende
Grüne Klubobfrau Madeleine Petrovic findet den Jubel des
Sozialministers "absurd". Arbeiterkammer und ÖGB-Frauen kritisieren,
dass die arbeitsrechtlichen Auswirkungen des Kindergeldes weiter
unberücksichtigt blieben. Die AK warnte vor einer "Kündigungsfalle" für Mütter. Die
befürchteten Probleme wegen der Unterschiede bei arbeits- und
leistungsrechtlichen Bestimmungen seien in der Praxis deutlich
geworden: Frauen glaubten, dass sich auch der arbeitsrechtliche Teil
dahingehend geändert habe, dass sie zweieinhalb, beziehungsweise bei
Teilung drei Jahre in Karenz gehen können. Die Folgen dieses Irrtums
könnten aber gravierend sein: Erscheine die Frau nach der maximalen
Höchstdauer der Karenz von zwei Jahren nicht am Arbeitsplatz, könne
dies zur Entlassung führen, warnte die AK. Bei der Antragstellung zum
Kindergeld solle es daher ein Beiblatt geben, das über die
wichtigsten arbeitsrechtlichen Folgen informiert, fordert die AK.
Auch ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits verwies darauf, dass
die jungen Eltern über die unterschiedliche Dauer von Karenz und
Kindergeld und die daraus erwachsenden Probleme beim Wiedereinstieg
nicht Bescheid wüssten. "Trotzdem hat der Sozialminister bei seiner
groß angelegten Werbekampagne für das Kindergeld keinerlei Aufklärung
in diese Richtung unternommen. Mit anderen Worten: Millionen an
Steuergelder wurde für eine Info-Kampagne verpulvert, die an den
Bedürfnissen der Frauen vorbei ging", sagte Csörgits.
Für Prammer ergibt sich die Zufriedenheit der Frauen mit dem
Kindergeld "ganz wesentlich aus der Tatsache, dass die
Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg nach langer Berufsunterbrechung
schlicht verschwiegen wurden". Den Frauen werde von der Regierung
vorgegaukelt, sie könnten bis zu sechs Jahre zu Hause bleiben, und
danach trotzdem wieder einen adäquaten Job haben. Haupt würde diese
"Lebenslüge, mit der die Frauen betrogen werden" auch noch durch das
"hartnäckige Negieren der Notwendigkeit des Ausbaus von
Kinderbetreuungsplätzen und Wiedereinstiegsmaßnahmen in Beton
gießen", kritisierte die SPÖ-Frauenvorsitzende.
Auch Petrovic kann die Freude Haupts über die Akzeptanz des
Kinderbetreuungsgeldes in der Bevölkerung "nicht teilen". Denn "wir
bekommen zahlreiche Rückmeldungen aus der Bevölkerung, die
diesbezüglich ein ganz anderes Bild vermitteln", sagte die
stellvertretende Klubobfrau der Grünen. "Die Anzahl der bislang
eingegangenen Anträge als großen Erfolg zu verkaufen, ist absurd und
schlicht und einfach nicht nachvollziehbar." Das Kindergeld sei
schließlich "ein Rechtsanspruch und kein Almosen".
Der Präsident des Katholischen Familienverbandes, Johannes Fenz,
begrüßte zwar das Kindergeld, er forderte aber auch eine Änderung der
arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Fenz verlangte eine ersatzlose
Streichung der Zuverdienstgrenze und eine Ausweitung der Karenzzeit,
in der das Rückkehrrecht auf den Arbeitsplatz besteht, von zwei
Jahren auf die Mindestzeit des Geldleistungsanspruchs von zweieinhalb
Jahren. (APA)