Wien
Später Blick auf hohe Häuser
Erstmals wird das Wien-Mitte-Modell öffentlich gezeigt
Wien - Manchmal tut sich
auch ein Stadtrat schwer, die
Logik tagespolitischen Hickhacks (Sommerloch!) zu verstehen. Dass etwa Neo-VP-Obmann Alfred Finz vor wenigen Tagen Kritik an der
Baubewilligung für den
Hochhauskomplex über
Wien-Mitte äußerte, kann
Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SP) nicht ganz nachvollziehen: "Flächenwidmung
und der Fluchtlinienbescheid
geben dem Eigentümer das
Recht zu bauen - beides
stammt aus dem Jahr 2000",
erklärte Schicker Mittwoch
anlässlich der Eröffnung der
Ausstellung "Wien Mitte -
gestern-heute-morgen", die
erstmals das Projekt über dem
zentralen Umsteigebahnhof
öffentlich zeigt.
"Damals", so Schicker,
"hieß der zuständige Planungsstadtrat Bernhard
Görg." Und der war bis vor
wenigen Wochen Chef der
Wiener ÖVP. "Das Recht rührt
von 2000 her, der nun erteilte
Baubescheid ist nur die
Pflichtübung dazu", präzisierte Schicker.
Dass nun wieder Forderungen nach einer Änderung des
Projektes laut werden, entspricht aber durchaus dem
Muster (kommunal-)politisch
üblicher "Diskurs"-Mechanismen: Am nächsten Tag ist
es ohnehin wieder vergessen.
Wenig Transparenz
Freilich: Allzu schwer hat
es der Projektbetreiber - die
Bank-Austria-Immobilientochter BAI - den Gegnern des
Wien-Mitte-Projektes nicht
gemacht, Ressentiments gegen die bis zu 97 Meter hohen
Türme über dem "Sauhaufen"
(© Michael Häupl) zu schüren. Während anderswo - etwa bei U-Bahn-Projekten -
schon lange vor der Flächenwidmung neben moderierten Diskussionsprozessen auch
Modelle, Pläne und Varianten
der geplanten Bauten öffentlich präsentiert werden, habe
- so Schicker - "der Bauträger
hier leider allergrößte Zurückhaltung" geübt.
Die ab Donnerstag im Architekturzentrum zu besuchende Ausstellung soll
diesen Fehler nun zumindest
ausbessern helfen. Dass die
Schau nur auf drei Wochen
angelegt ist, macht den Stadtrat allerdings nicht glücklich -
endet sie doch am 19. August.
Also lange bevor das Gros der
Wiener aus dem Urlaub zurückkommt. (rott/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.7.2002)