Wien - Europas Versicherungen sind die großen Verlierer des Börsencrashes 2002. Seit Jahresbeginn hat beispielsweise die Swiss Life 80 Prozent ihres Wertes verloren, die AXA fast 60 Prozent, der Marktführer, die deutsche Allianz, ist nur noch die Hälfte wert. Der Index der wichtigsten europäischen Assekuranzen hat seit Jahresbeginn über 50 Prozent nachgegeben. Grund für den Abverkauf: Die Erträge der Unternehmen sind extrem von den Finanzmärkten abhängig.Ertragsprognosen für Lebensversicherungen wackeln Die Verluste an den Börsen bringen aber auch die Ertragsprognosen für Lebensversicherungen und Zusatzpensionen ins Schleudern. In Deutschland überlegt die Branche bereits einen "Pool" für Versicherungen, die die Garantieverzinsung von 3,25 Prozent nicht mehr schaffen. In Österreich ist die Lage noch nicht so dramatisch, da die meisten heimischen Versicherungen weniger in Aktien investiert haben als ihre Konkurrenten in Europa. Dennoch gehen die Meinungen über die Erreichbarkeit der zumeist in Aussicht gestellten fünf Prozent Ertrag bei Lebensversicherungen (3,25 Prozent Garantiezins und 1,75 Prozent Gewinnbeteiligung) bereits auseinander. Während Allianz und Wiener Städtische davon ausgehen, die fünf Prozent noch zu erreichen, meint Generali-Österreich-Generaldirektor Dietrich Karner, man könne "nicht seriös" einen Ertrag von fünf Prozent aus heutiger Sicht garantieren. Auch die neu geschaffene Finanzmarktaufsicht ist eher skeptisch und will sich den Garantiezinssatz ansehen, sagte der Chef der Behörde, Andreas Grünbichler, im Gespräch mit dem Standard. Mit der Materie vertraute Experten gehen dabei wegen sinkender Renditen der zehnjährigen Bundesanleihe von einer Anpassung nach unten aus. Garantiezins Ähnlich beschreibt auch Thomas Url, Versicherungsexperte im Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), die Situation: Bessern sich die Kurse an den Aktienmärkten nicht, befürchtet er, dann würden die heimischen Versicherer mit ihren Vermögensanlagen nur knapp den Garantiezins erwirtschaften. Derzeit besitzen die Österreicher rund 10,6 Mio. Lebenspolizzen, wobei davon etwa 3,2 Mio. Ablebensversicherungen ohnedies keine Gewinnzuteilung - lediglich den Garantiesatz - beinhalten. Der Aktienanteil in diesen Produkten liegt bei 11,65 Prozent. Auf größere Verluste müssen sich die rund 430.000 österreichischen Inhaber von fondsgebundenen Lebensversicherungen, welche teilweise auch nicht mit Kapitalgarantie ausgestattet sind, einstellen. (Karin Bauer, Michael Moravec, DER STANDARD, Printausgabe25.7.2002)