Die Erwartungen, die der Premierminister geweckt hatte, versuchte sein Pressesprecher Raanan Gissin gegenüber dem STANDARD zu dämpfen. Sharon sei lediglich über den Antisemitismus in Europa und Israels diplomatische Beziehungen mit europäischen Ländern im Allgemeinen gefragt worden: "Sein genereller Zugang ist, dass Israel gar kein Land boykottieren und diplomatische Beziehungen mit jedem Land haben sollte - vorausgesetzt natürlich, dass die offenen Fragen, die die Änderungen in den Beziehungen verursacht haben, behandelt werden."Deshalb habe der Regierungschef gesagt, "er empfiehlt dem Außenministerium prinzipiell, die Entscheidung über die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen zu überprüfen". Irgendeinen konkreten Zeitplan gibt es dafür laut Gissin aber nicht. Im israelischen Außenministerium selbst war man über den Vorstoß des Premierministers überrascht. Am Dienstagabend wusste noch niemand etwas darüber, Mittwochmittag schien aber etwas Bewegung entstanden zu sein. Es hieß, man werde eine Beratung über das weitere Vorgehen abhalten. Auf dem Tisch "Soviel ich weiß, ist das Thema auf dem Tisch", hörte der STANDARD von Avraham Toledo, Israels Geschäftsträger und, wenn es zur Normalisierung der Beziehungen kommen sollte, vermutlich nächstem Botschafter in Wien. Ob von irgendjemandem eine neue Initiative ausgegangen sei, konnte Toledo, der sich zufällig gerade auf einem Arbeitsbesuch in Jerusalem befindet, nicht sagen: "Es ist nicht so, dass das Thema vernachlässigt wurde und es jetzt plötzlich eine Initiative gibt. Die ganze Zeit über haben ich und andere sehr hart gearbeitet, um die Beziehungen zu fördern. Vor einem Monat hat der österreichische Kulturstaatssekretär Israel besucht, ich habe mich dafür eingesetzt - also wir befassen uns ständig mit der Sache." Kritik der Opposition Eine scharfe Reaktion kam von Israels Oppositionschef Jossi Sarid, zunächst im israelischen Armeerundfunk und dann im Gespräch mit dem STANDARD. Wenn Sharon das wirklich gesagt habe, "dann bedauere ich das sehr - es ist ein sehr schwerer Fehler", meinte der Vorsitzende der kleinen Linkspartei Meretz. Sarid fügte hinzu: "In Österreich hat sich nichts geändert, aber vielleicht hat sich Premier Sharon geändert. Sie wissen, wir haben leider und zu unserer Schande unsere eigenen Haiders in der israelischen Politik, und da einige davon die besten Freunde von Sharon sind, hat er sich wahrscheinlich an Politiker vom Typ Haiders gewöhnt."(DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2002)