Mensch
Junger Europäer ist der "Polio-Mann"
Selbst 20 Jahre nach seiner Impfung scheidet er noch Polio-Viren aus - Mediziner befürchten Mutation des Erregers
London - Menschen, die über Jahrzehnte Viren
ausscheiden, könnten die Ausrottung der Kinderlähmung gefährden. Die
Zeitschrift "New Scientist" berichtet in ihrer neuen Ausgabe von
einem "Polio-Mann" genannten Ausnahme-Patienten, einem knapp 30-jährigen Europäer, der auch mehr als 20
Jahre nach einer Impfung noch Polio-Viren ausschied.Ungewöhnliches Krankheitsbild
Der "Polio-Mann" ist nach Ansicht der Ärzte ein Beweis dafür, dass die Krankheit auch in Europa noch nicht ausgestorben ist. Der "Polio-Man" leidet unter Immunschwäche, daher sind die Ärzte umso erstaunter, dass er keinerlei Lähmungserscheinungen aufweist. Der Patient leidet unter chronischen Durchfällen und Magenproblemen. Die Wissenschaftler glauben, dass das Virus seine Erscheinungsform geändert habe und befürchten auch, dass die neue Form den üblichen Weg der Infektion verlassen könnte. Ob die Vakzine gegen diese Infektion wirken, ist bisher ebenso unbekannt.
Nach Ansicht der Mediziner bestehe jetzt keine Ansteckungsgefahr durch den Patienten. "Obwohl es keine offiziellen Aufzeichnungen darüber gibt, könnte der Patient zuvor andere Menschen infiziert haben", so Philip Minor, Chef der virologischen Abteilung am National Institute for Biological Standards and Control.
Langzeit-Patienten
16 ähnliche Fälle, wo lange nach einer Immunisierung noch Viren im
Stuhlgang von Betroffenen nachgewiesen wurden, sind bekannt.
Normalerweise scheiden Patienten nur höchstens bis zu sechs Monate
nach einer Impfung Polio-Viren aus.
Es bestehe die Gefahr, dass derartige Patienten nach der
weltweiten Ausrottung der Kinderlähmung und dem darauf folgenden
Impfstopp noch Menschen ansteckten, hieß es in dem Bericht. Die
Weltgesundheitsorganisation WHO hatte die Kinderlähmung im Juni in
Europa für ausgerottet erklärt. Auch der amerikanische Kontinent und
die West-Pazifikregion gelten als Virus-frei. Nordindien, Nigeria und
das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet werden dagegen noch von der
Krankheit geplagt. (APA/red)