Natur
Die Plage der Imker
... und noch mehr die der Bienen: Varroa-Milbe wütet weiter, heuer aber vielleicht vom Wetter eingebremst
Wien - Seit Jahren grassiert die Varroa-Milbe in den
Bienenstöcken und zerstört dabei einen guten Teil der Brut. Laut
Schätzungen des Präsidenten des Österreichischen Imkerbundes, Josef
Ulz, wurden im Vorjahr rund 35 Prozent der Bestände ein Raub der
Milbe. Heuer bestehen berechtigte Hoffnungen auf weniger Ausfälle,
auf Grund der Wetterlage konnten die Imker früher als sonst mit
Bekämpfungsmaßnahmen beginnen. Die ovalen, abgeflachten Milben sind rund 1,2 Millimeter lang und
1,6 Millimeter breit. Die ursprünglich aus Asien stammenden
Spinnenverwandten wurden Anfang der 80er Jahre nach Österreich
eingeschleppt und plagen seither die heimischen Imker. Um den Honig
nicht zu verunreinigen, können Bekämpfungsmaßnahmen erst nach der
Entnahme des süßen Bienenproduktes - im Imkerjargon "nach der Tracht"
- eingesetzt werden.
Resistenz
Ein bis vor wenigen Jahren erfolgreich verwendetes Pestizid - ein
auf Pflanzenwirkstoffen basierendes Pyrethroid - verlor nach und nach
die Wirkung auf die Milben, die Tiere entwickelten Resistenzen. So
grassiert die meldepflichtige, so genannte Varroa-Seuche seit etwa
drei Jahren mit besonderer Heftigkeit. Als Alternative zum einfach
anzuwendenden Pyrethroid setzen die Imker heute Ameisensäure ein.
Diese wird in den Stock eingebracht, verdunstet und tötet so die
Milben.
"Allerdings ist der Einsatz der Ameisensäure nicht so einfach,
nimmt man zu viel, leiden auch die Bienen, nimmt man zu wenig,
bleiben die Milben am Leben", erklärte Ulz. Die Imker mussten daher
erst lernen, mit dem neuen Bekämpfungsmittel umzugehen, wovon
teilweise wieder die Milben profitierten. Insgesamt sind die Ausfälle
durch die Varroatose schwer zu beziffern, es gibt viele Hobby-Imker,
die ihre Daten nicht an den Imkerbund melden. Ulz schätzt die
Einbußen 2001 auf österreichweit 35 Prozent, in den Jahren zuvor war
die Lage ähnlich.
Generell lässt sich sagen, dass die Milbe in Gegenden mit vielen
Bienenvölkern - etwa in Ostösterreich - leichteres Spiel hat. Der
Befall neuer Stöcke erfolgt über die erwachsenen Bienen, sie tragen
die Schädlinge in die Stöcke und infizieren damit den Nachwuchs.
Wetterlage günstig
Für heuer ist der Imker-Präsident allerdings vorsichtig
zuversichtlich. Das Wetter war im Sinne der Bienenhalter, die Erträge
waren gut. Viele Bienenvölker waren durch die warme Witterung mit
ihrer Sammeltätigkeit vor der Zeit fertig, dementsprechend früh
konnten der Honig abzapfen und die Ameisensäure eingesetzt werden.
"Außerdem haben die meisten Imker mittlerweile genug Erfahrung mit
dem neuen Bekämpfungsmittel, so dass sie die Sache wieder besser in
den Griff bekommen", sagte Ulz. Der Imkerbund bietet dafür auch Kurse
an. .
Um irgendwann auch wieder einmal ohne Ameisensäure auskommen zu
können, arbeiten Wissenschafter in Zusammenarbeit mit dem Imkerbund
auch an der Züchtung von Bienen, die gegen die gefährliche Milbe
resistent oder wenigstens unempfindlicher sind. Tatsache ist, dass
manche Stöcke mehr und manche weniger empfindlich sind. Daraus
allerdings mit traditionellen Züchtungsmethoden eine resistente Rasse
zu erhalten, ist eine langwierige Sache. Ulz schätzt, dass es
wenigstens noch zehn bis 15 Jahre dauern wird, bis es so weit ist.
EU-Projekt
Ein EU-Projekt zu dieser Problematik, das 1997 gestartet wurde,
brachte dazu zwar neue Erkenntnisse, aber keinen echten Durchbruch.
"Wir fanden unter anderem heraus, dass sich gut entwickelnde
Bienenvölker auch viele Milben haben und umgekehrt", so Karl
Crailsheim, Professor am Institut für Zoologie der Universität Graz.
Damit wäre es zwar theoretisch möglich, relativ milbenresistente
Rassen zu züchten, aber wer möchte schon Völker, die schlecht
gedeihen.
Ursprünglich angenommene Zusammenhänge des Milbenbefalls mit dem
Putzverhalten konnten in dem Projekt nicht bestätigt werden. Das
heißt, ob die Arbeiterinnen eines Volkes sich, ihre Brut und den
Stock viel oder wenig reinigen und pflegen, dürfte den Milben
ziemlich egal sein. Nach Ansicht von Crailsheim ist die Züchtung
einer Varroa-resistenten Bienenrasse jedenfalls kurzfristig nicht zu
erwarten. (APA)