Frauenfeld/Wien - "Alemannisch isch guet, Alemannisch
het Reiz, nit jeder wo schnell schwätzt, sait ebbis gscheits". Dieser
Spruch der süddeutschen "Muettersproch"-Gesellschaft zeigt, dass der
alemannische Dialekt nicht nur in der Schweiz und in Vorarlberg
verbreitet ist. Der nahe Konstanz lebende Schriftsteller Bruno Epple
sagt dazu: "Wir haben alle Schwierigkeiten mit dem Hochdeutsch."
Baden-Württemberg hat daraus gar ein Bekenntnis gemacht und wirbt:
"Wir können alles. Außer Hochdeutsch."
"Das Schwätzen fällt uns allen schwer"
Epple liegt mit seiner Aussage nicht weit vom Schweizer
Schriftsteller Urs Widmer, der 1998 in seinem "Fragmentarischen
Alphabet zur Schweizer Literatur" feststellte: "Wir Schweizer lernen
Hochdeutsch in der Schule wie eine Fremdsprache."
Allerdings widerspricht Epple mit seiner Feststellung einer in der
Schweiz gängigen Meinung. Nämlich jener, nur in der Schweiz müsse
Hochdeutsch wie eine Fremdsprache gelernt werden. Epple dagegen
findet: "Das Schwätzen fällt uns allen schwer", wenn es um
Hochdeutsch geht. Das gilt nicht nur für Süddeutsche, Vorarlberger
und Schweizer. Auch andere Deutsche und Österreicher lernen
Hochdeutsch und sprechen es nicht automatisch.
Ausgleichssprache
Hochdeutsch ist das, was Sprachwissenschafter als
"Ausgleichssprache" bezeichnen. Es ist eine Sprache, die sich
verbreitete, weil es einen Bedarf nach einer Ausdrucksweise gibt, die
auch jenseits von Dialektgrenzen innerhalb eines Sprachgebiets
verstanden wird. Dass sie im Alltag in Deutschland und Österreich
eine größere Rolle spielt als in der Schweiz, liegt an den größeren
Unterschieden zwischen den Dialekten.
Alle Deutschschweizer Dialekte
gehören nämlich nicht nur zum Alemannischen, sie gehören sogar alle
zum Hochalemannischen. Das hat den Vorteil, dass sich alle mit ein
bisschen gutem Willen gegenseitig verstehen. Damit ist eine
Ausgleichssprache innerhalb der Deutschschweiz nicht nötig.
Größere Variationsbreite
Anders in Österreich und Deutschland. Ein Alemanne aus
Süddeutschland versteht seinen Landsmann in Mecklenburg schlicht
nicht, wenn dieser den heimischen Dialekt spricht. Das Gleiche gilt
für Wiener und Vorarlberger: Sie brauchen Hochdeutsch, um sich
überhaupt miteinander verständigen zu können.
Zuhause aber sprechen viele Deutsche und Österreicher Dialekt,
weil dieser "in alltäglichen Situationen mehr leisten (kann), da der
für solche Situationen notwendige Wortschatz im Dialekt häufig
differenzierter und treffender ist", erklären Sprachwissenschafter
der Uni München.
Dass Schweizerinnen und Schweizer frustriert sind, wenn ihr
Hochdeutsch für einen Schweizer Dialekt gehalten wird, findet Bruno
Epple übrigens falsch: "Man soll sich nicht schämen für die
Sprachfärbung. Die Herkunft gehört einfach dazu." (APA/sda)