Der SPÖ-Vorsitzende kämpft mit Imageproblemen. Seine Werte in den Umfragen liegen deutlich unter jenen der Partei, nur 13 Prozent wollen ihn als Kanzler. Seit Monaten quält ihn eine Obmanndebatte, die bis heute nicht abgeschlossen ist und immer wieder auf den starken Mann in Wien, auf Michael Häupl deutet. Das Misstrauen zwischen Gusenbauer und Häupl sitzt tief und gründet auch darin, dass der Bürgermeister über ausgezeichnete Kontakte zu maßgeblichen ÖVP-Granden verfügt.Es fehlt die strenge Hand Überhaupt ist das Verhältnis zu den Ländern nicht friktionsfrei. Gusenbauer lässt die strenge Hand vermissen, das zeigte sich auch an der Obmanndebatte, die von Salzburgs Landesparteichefin Gabi Burgstaller neu entfacht und quer durch die Bundesländer geführt wurde. Umstritten ist auch das Team um Gusenbauer. Die beiden Bundesgeschäftsführerinnen Doris Bures und Andrea Kuntzl genießen in den Ländern kaum Sympathien, Klubchef Josef Cap wird auf Funktionärsebene für eine Fehlbesetzung gehalten. Daraus lässt sich Gusenbauer eine Führungsschwäche andichten - hinter vorgehaltener Hand. Denn offen tritt niemand auf, aus Parteiräson oder vielleicht nur aus persönlichen Karriereüberlegungen. Die Schlagkraft ist der Parteizentrale durch die zunehmende Distanz zur Gewerkschaft abhanden gekommen. Präsident Fritz Verzetnitsch lässt den ÖGB ein Eigenleben führen, die Oppositionsarbeit überlässt man tatsächlich der Opposition. Außerdem sind die Gewerkschafter mit sich selbst und den Grabenkämpfen um die Neustrukturierung beschäftigt. Schrumpfender Apparat Der Apparat, der Gusenbauer Bewegungsfreiheit verschaffen sollte, ist radikal geschrumpft. Die Zentrale in Wien ist chronisch unterbesetzt. Aus finanziellen Gründen, die Schulden betragen immer noch mehr als zwölf Millionen Euro. Das für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Team nimmt sich im Vergleich mit den straff durchorganisierten Apparaten in den Zentralen der Regierungsparteien und den Taskforces in den Ministerbüros geradezu lächerlich aus. Nachwuchshoffnungen sind nicht in Sicht, und das Schattenkabinett ist eine Schimäre geblieben. Also müsste Gusenbauer durch seine bloße Erscheinung viel wettmachen - was mit seinem steifen Auftreten nur schwer gelingen kann. Immerhin lässt Gusenbauer erstmals eine Stilberaterin an seine Person - was schon daran zu merken ist, dass sich der Parteichef weniger oft an seiner Brille anhält. Und mit dem amerikanischen Spindoctor Stanley Greenberg steht Gusenbauer ein strategischer Berater für den Wahlkampf zur Seite. Schwerwiegende Fehler Dennoch passieren schwerwiegende Fehler: Im Frühjahr stieß Gusenbauer mit seinem Vorstoß für eine Verankerung des Nulldefizits in der Verfassung auf völliges Unverständnis in seiner eigenen Partei. In der Debatte um den Naziaufmarsch am Heldenplatz geriet die SPÖ durch Rudi Edlingers "Sieg Heil"- Ruf in die Defensive, statt der Regierung einzuheizen. Unverständlich auch für Parteigenossen ist Gusenbauers Nichtunterstützung des Abfangjäger-Volksbegehrens. Oberösterreichs Landesparteichef Erich Haider, sonst loyal zu Gusenbauer, kündigte am Donnerstag im Gespräch mit den STANDARD an, das Volksbegehren auf jeden Fall zu unterschreiben - "egal, was der Alfred sagt". Auch bei anderen Themen gelingen Umsetzung oder Breitenwirksamkeit nicht - wie auch, wenn die FPÖ alles beherrscht? Es sind zwar vorwiegend Negativthemen, mit denen Freiheitliche die Zeitungen füllen, aber letztlich wird so der Ton angegeben. (Michael Völker/DER STANDARD Print-Ausgabe, 26.7.2002)