Asien & Pazifik
Powell zu Gesprächen in Indien
Vermittlung im Kaschmir-Konflikt - Solana in Pakistan
Neu Delhi/Islamabad - US-Außenminister Colin
Powell ist am Samstag in Indien eingetroffen, wo er sich um eine
Beilegung des seit fünf Jahrzehnten schwelenden Kaschmir-Konflikts
mit Pakistan bemühen wollte. Es ist bereits der dritte Besuch Powells
in Indien in weniger als zehn Monaten. Sein Ziel sei es, einen Dialog
zwischen beiden Staaten in Gang zu bringen, erklärte er auf dem Flug
nach Neu Delhi. Powell wollte am Sonntag mit Ministerpräsident Atal Bihari
Vajpayee sprechen und dann weiter nach Islamabad reisen, um mit dem
dortigen Präsidenten General Pervez Musharraf zusammenzukommen. Mit
diesem sprach am Samstag schon der außenpolitische Repräsentant der
EU, Javier Solana, der gerade aus Neu Delhi kam. Auch die Europäische
Union bemüht sich um eine Belebung des indisch-pakistanischen Dialogs
und eine Beilegung des Kaschmir-Konflikts, der die beiden Atommächte
erst kürzlich wieder an den Rand eines Krieges brachte. Zwischen
Indien und Pakistan gibt es seit einem Jahr keine formellen Gespräche
mehr.
Solana äußerte sich nach der Unterredung mit Musharraf nur sehr
allgemein. Er vermied es auch, sich als Vermittler zu bezeichnen. Der
Dialog sei der beste Weg, den Streit um Kaschmir beizulegen, sagte
Solana vor Journalisten. Er äußerte die Sorge, dass der bewaffnete
Konflikt sich über die Grenzen von Indien und Pakistan ausdehnen
könnte.
Solana zeigte sich zuversichtlich, dass Pakistan noch mehr gegen
moslemische Extremisten und deren Eindringen nach Indien tun werde.
Musharraf habe in den vergangenen Monaten bereits Maßnahmen ergriffen
und werde mit Sicherheit noch weitere Schritte in diese Richtung
ergreifen. Solana erörterte auch die Wahlen, die Indien in seinem
Teil Kaschmirs Mitte Oktober abhalten will. Indien hofft, dass bei
den Wahlen die überwiegend moslemische Bevölkerung die indische
Herrschaft in diesem Gebiet legitimieren wird. In Kaschmir selbst
kämpfen zahlreiche Gruppen für die Unabhängigkeit des geteilten
Gebietes oder den Anschluss an Pakistan.
Indische und pakistanische Soldaten lieferten sich unterdessen an
der gemeinsamen Grenze in der Kaschmir-Region ein zweistündiges
Artilleriegefecht. Verletzte gab es offenbar keine, zahlreiche
Bewohner im Kampfgebiet verließen jedoch ihre Häuser und flüchteten.
Bei einem Handgranatenanschlag Unbekannter auf einen Busbahnhof in
Budgam im indischen Teil Kaschmirs wurden nach Angaben der Polizei
vier Menschen getötet und drei verletzt. Indische Soldaten erschossen
außerdem bei einem Feuergefecht zwei mutmaßliche moslemische
Separatisten. Bei einem weiteren Zwischenfall töteten mutmaßliche
Rebellen einen Zivilisten. (APA/AP/Reuters)