Berlin - Arbeitsmarktexperten rechnen für Juli mit mehr als vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland. Dies sei nach der schwachen Konjunktur-Entwicklung und wegen des Ferienbeginns einiger Bundesländer zu erwarten, hieß es am Sonntag in Koalitionskreisen. Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums, sprach auf Anfrage dagegen von "reinen Spekulationen". Sie reagierte damit auf einen Bericht der "Bild"-Zeitung vom Samstag, wonach die Erwerbslosenzahl im Juli einer ersten Trendauswertung zufolge auf rund 4,1 Millionen steigen werde. Bereits im Juni war die Zahl der Erwerbslosen entgegen dem für diesen Monat üblichen Trend auf 3,954 Millionen gestiegen. Es war der höchste Stand in einem Monat Juni seit 1998. 9,5 Prozent im Vormonat Die Arbeitslosenquote lag im vergangenen Monat bei 9,5 Prozent, 260 000 Menschen mehr als vor einem Jahr waren ohne Arbeit. Im Juli vergangenen Jahres war die Zahl gegenüber dem Juni 2001 um 104 300 auf knapp 3,8 Millionen (9,2 Prozent) gestiegen. Zu den neuerlichen Erwartungen für den laufenden Monat sagte die Sprecherin des Ministeriums: "Der Monat ist noch nicht einmal vorbei. Die Juli-Zahlen werden am 7. August von der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg bekannt gegeben." Deren Chef, Johannes Gerster, hatte zuvor die Erwartung geäußert, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt im vierten Quartal entspannen werde. Nach Stagnation im Sommer werde im Herbst die Arbeitslosigkeit zurückgehen und die Beschäftigung wieder wachsen. Der Konjunkturexperte des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen, Roland Döhrn, sagte der "Bild"- Zeitung: "Mit einer Entspannung ist wegen der schwachen Konjunktur frühestens zum Jahresende zu rechnen." Fachleute erwarten für den Schnitt des Jahres 2002 einen Zuwachs der Arbeitslosenzahl auf leicht mehr als 4 Millionen. "Realistische Ergebnisse" Das Münchner Nachrichtenmagazin "Focus" berichtete unter Bezug auf Statistiken der Bundesanstalt, diese habe im ersten Halbjahr 732 000 Arbeitslose weniger in Beschäftigung gebracht als noch ein Jahr zuvor. Das entspreche einem Minus von rund 37 Prozent. Nürnberg verweise dabei auf die "schwache Konjunktur" und die "verhaltene Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt". Außerdem seien die Ämter angewiesen, nur noch echte Vermittlungen zu zählen. Die Sprecherin des Arbeitsministeriums warnte indessen davor, eine solche Zahl überzubewerten, nachdem die Bundesanstalt gerade wegen gefälschter Statistiken neu strukturiert wurde. "Bei der Neuordnung geht es doch gerade darum, realistische Ergebnisse zu erzielen", sagte sie auf Anfrage. (APA/dpa)