Afrika
Westsahara-Autonomieplan vorerst gescheitert
Britischer Resolutionsentwurf: Unabhängigkeits- referendum weiter Option - Marokko und USA setzten sich nicht durch
New York/Wien - Im Streit um die Westsahara haben sich
Marokko und die USA im UNO-Sicherheitsrat vorerst nicht durchsetzen
können. Wie die spanische Tageszeitung "El Pais" (Dienstagsausgabe)
berichtet, sei einem Resolutionsentwurf des britischen
Sicherheitsrats-Vorsitzes zufolge ein Unabhängigkeitsreferendum für
die von Rabat besetzte ehemalige spanische Kolonie weiter auf der
Tagesordnung. Marokko hatte sich zuvor mit Unterstützung der USA vehement für
eine Autonomielösung eingesetzt, war dabei aber auf den Widerstand
anderer Sicherheitsratsmitglieder gestoßen. Das UNO-Gremium
debattiert ab Dienstagmittag (Ortszeit) über den britischen Entwurf,
der eine Vertagung der endgültigen Entscheidung über die Zukunft der
Westsahara vorsieht.
Nach von "El Pais" zitierten Angaben aus Sicherheitsratskreisen
werde die Resolution "ohne Schwierigkeiten, vielleicht mit einigen
oberflächlichen Änderungen" angenommen werden. Das vorläufige
Scheitern des Autonomieplans ist der unnachgiebigen Haltung Marokkos
zu verdanken. Es habe sich nämlich einem möglichen Kompromiss
Russlands und der USA widersetzt, dem zufolge in der UNO-Resolution
der Autonomie Vorrang gegenüber der Unabhängigkeit eingeräumt werden
sollte. Rabat wies dies als "Vermischung von zwei unvereinbaren
Optionen" zurück.
Die am Mittwoch auslaufende UNO-Mission zur Durchführung eines
Unabhängigkeitsreferendums in der Westsahara (MINURSO) solle dem
britischen Entwurf zufolge um ein weiteres halbes Jahr verlängert
werden. Dem UNO-Sonderbeauftragten und ehemaligen US-Außenminister
James Baker werde laut Entwurf aufgetragen, die Verhandlungen mit
Rabat und der Westsahara-Befreiungsfront Polisario fortzusetzen, um
eine "politische Lösung" zu finden. Baker hatte allerdings bereits im
April mit seinem Rücktritt gedroht, sollte der Sicherheitsrat im Juli
keine endgültige Entscheidung treffen.
Begründet wird die Verlängerung der 243-köpfigen Mission mit
"grundlegenden Differenzen" unter den 15 Mitgliedstaaten des
UNO-Sicherheitsrates. Man habe sich nicht auf eine der vier von
UNO-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagenen Optionen einigen
können. Es sind dies die Autonomie der Westsahara innerhalb Marokkos,
eine Teilung des Territoriums zwischen Marokko und der Polisario, der
Rückzug der UNO-Mission sowie die Durchführung eines
Unabhängigkeitsreferendums.
Neben der Polisario-Schutzmacht Algerien beharrt vor allem die
ehemalige Kolonialmacht in der Westsahara, Spanien, auf einer
Volksabstimmung. Ende Jänner 2002 nimmt Madrid turnusmäßig einen der
zehn nicht-ständigen Sitze im UNO-Sicherheitsrat ein.
Die Durchführung der von der UNO geforderten Volksabstimmung war
bisher an Unstimmigkeiten zwischen Rabat und der Polisario über die
Zahl der Wahlberechtigten gescheitert. Marokko beharrt darauf, dass
auch die nach der Okkupation im Jahr 1975 eingewanderten Bewohner des
Gebiets mitstimmen dürfen sollen. Während heute Schätzungen zufolge
rund 250.000 Menschen in der Westsahara leben, ergab die letzte von
Spanien durchgeführte Volkszählung aus dem Jahr 1974 73.497 Bewohner.
Vor den Küsten der Westsahara werden reichhaltige Erdölvorkommen
vermutet. Sowohl Marokko als auch die Polisario haben bereits
Abkommen mit Erdölkonzernen über Förderrechte abgeschlossen. (APA)