Shanghai - Schon mehrmals standen die Sibirischen Tiger in China kurz vor dem Aussterben. Lange galten sie vielen Menschen lediglich als geschätzte Rohstoffquellen für traditionelle Medikamente. Und auch im Kochtopf erfreute sich Tigerfleisch großer Beliebtheit. Obwohl die Jagd heute verboten ist, sind allein in den vergangenen drei Jahren mehr als hundert der seltenen Tiere Wilderern zum Opfer gefallen. Tigerknochen werden nämlich magische Heilkräfte zugesprochen. In zahlreichen traditionellen Rezepturen spielen sie eine wichtige Rolle. 1940 war der Bestand bis auf 24 Tiere gesunken. Inzwischen streifen zwar wieder rund 400 frei lebende Tiger durch die Wälder der Volksrepublik, aber ihr Überleben ist nach wie vor gefährdet. Doch langsam ändert sich die Einstellung der Chinesen. In einem großen Gehege im Nordwesten des Landes werden die Tiere jetzt geschützt. Rund 280 Tiger leben im Heilongjiang-Park. Inzwischen erobern die großen Raubkatzen auch die Herzen reicher Städter. Jetzt sucht der Park finanzkräftige Pflegeeltern für seine 280 Tiere. Für umgerechnet rund 240 Euro pro Jahr kann man einen Tiger adoptieren. Das ist eine gewaltige Summe für ein chinesisches Durchschnittseinkommen. Kosten Doch um das 270 Kilogramm schwere Pflegekind ein Jahr lang mit allem, was es zum Leben braucht, zu versorgen, reicht das Geld bei weitem nicht aus. 7.200 Euro kostet jedes einzelne der Tiere im Jahr. Der Hunger der nimmersatten Raubkatzen reißt ein tiefes Loch in die Kasse des Tierparks. Kein Wunder, schließlich brauchen sie rund zwanzig Kilogramm frisches Fleisch am Tag. Doch inzwischen kamen allein 20 Adoptionszusagen von Tierfreunden aus dem entfernten Shanghai. Der 140 Hektar große Heilongjiang-Park beherbergt die weltweit größte Gruppe Sibirischer Tiger. Doch die wirtschaftliche Lage des hoch verschuldeten Parks wird zunehmend schwieriger. Das Projekt steht kurz vor der Pleite. "Bis 1996 bekamen wir Kredite, um unsere Arbeit fortsetzen zu können. Nach 1996 erhielten wir jedoch nur noch eine geringe staatliche Unterstützung", berichtet Projektleiter Wang Ligang. Der private Besitzer habe das Projekt zuletzt mit eigenem Geld am Leben gehalten. Nun hofft Wang, dass Chinas Tierfreunde ein Herz für die großen Katzen haben und das Gehege großzügig unterstützen. Besuchsrecht Schon seit 1995 können zahlende Gäste die gestreiften Großkatzen im Park besuchen. Doch das ist natürlich nichts gegen eine Adoption. Die "Eltern" dürfen ihrem Tiger einen Namen geben und können ihn regelmäßig besuchen. Und damit sie sich keine Sorgen um ihren Schützling machen müssen, hält sie die Parkverwaltung über das Wohlbefinden des Tiers auf dem Laufenden. Das hat Chen Yingwen überzeugt. Die Angestellte bei einer staatlichen Automobilfirma hält bereits die Adoptionspapiere für ein Tigerbaby in der Hand. Aus dem Fernsehen weiß sie, unter welch erschreckenden Bedingungen kleine Tiger anderswo heranwachsen. "Ich freue mich, dass ich jetzt etwas für die Tiere tun kann." (APA)