Nahost
Jenin-Bericht entlastet Israel
UNO kritisiert israelische Armee, entkräftet aber Massakervorwurf
New York/Wien - Eigentlich sollte UN-Generalsekretär Kofi Annan den Vorwurf des Massakers israelischer Soldaten an Palästinensern im Flüchtlingslager von Jenin vergangenen April klären lassen. Weil Israels Regierung am Ende ihr Veto gegen eine Untersuchungskommission einlegte, entstand ein Bericht über die Vorgänge um die "Operation Schutzwall" im Westjordanland - gestützt auf Medienberichte, Aussagen von UN-Vertretern vor Ort wie dem Nahostgesandten Terje Roed-Larsen und ohne Besuch von Jenin oder anderer palästinensischer Städte. Am Donnerstag stellte Annan den knapp 40-seitigen Bericht in New York vor.Der Report ist dabei nicht einseitig ungünstig für Israel ausgefallen: Die UNO entkräftet vor allem die Behauptung der Palästinenser, die israelische Armee habe bei ihrem Angriff auf das Lager von Jenin vom 3. bis 11. April ein Massaker unter der Zivilbevölkerung angerichtet. Palästinensische Funktionäre nannten Zahlen von bis zu 500 Toten. Nach Angaben des Krankenhauses von Jenin starben bei den Kämpfen 52 Palästinenser. Auch die israelische Armee gehe von einer solchen Zahl aus, heißt es in dem Bericht. Wie viele Zivilisten unter den Toten waren, sei allerdings unmöglich zu bestimmen.
17.000 obdachlos
Annan erinnert in dem Bericht, dass die Palästinensische Autonomiebehörde auch für den Schutz israelischer Zivilisten vor Angriffen verantwortlich ist, Israel andererseits nicht die Anwendung der 4. Genfer Konvention (Schutz der Zivilbevölkerung in Konfliktgebieten) akzeptiert hat. So wurden während der "Operation Schutzwall" mehr als 2800 Flüchtlingsbehausungen beschädigt, 878 Häuser demoliert und etwa 17.000 Palästinenser obdachlos. 11.000 Schulklassen fielen aus, etwa 7000 Palästinenser wurden festgenommen und ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 2.8.2002)