Weltraum
Shuttle-Flotte der NASA sitzt bis September fest
NASA-Techniker David Strait, der Entdecker der Risse, indessen vor möglicher Ehrung
Washington/Cape Canaveral - Erleichterung bei der NASA: Die
US-Raumfahrtbehörde kann ihre Shuttleflüge nach einer mehrwöchigen
Zwangspause Ende September wieder aufnehmen. Das teilte Shuttle-
Manager Ron Dittemore bei einer Pressekonferenz am Freitag mit. Bis
dahin sollen die winzigen Risse geschweißt werden, die im
Leitungssystem der Fähren entdeckt wurden. Als ersten möglichen
Starttermin nannte er den 28. September. Die NASA hatte die ersten Risse in den Fähren Atlantis und
Discovery im Juni entdeckt. Sie sind in einer Schutzschicht im
Inneren der Leitungen, in denen flüssiger Wasserstoff zu den
Triebwerken der Fähren fließt. Im Juli wurden dann ähnliche Risse in
den Schwesterfähren Endeavour und Columbia entdeckt.
Der für den 19. Juli geplante Start der Columbia zu einer
Wissenschaftsmission mit Israels ersten Astronauten an Bord war
daraufhin verschoben worden. Ende August sollte ursprünglich die
Atlantis mit weiteren Teilen für die Raumstation ISS ins All fliegen.
Im neuen Flugplan der NASA wurde die Wissenschaftsmission der
Columbia weit nach hinten verschoben. Sie findet nun frühstens am 29.
November statt, wird möglicherweise aber auch noch bis Dezember oder
gar Januar geschoben.
Atlantis vorgezogen
In der Reihenfolge vorgezogen wurde dafür der Flug der Atlantis,
die nun als erste Raumfähre nach der Reparatur am 28. September mit
Bauteilen für die ISS ins All fliegen soll. Als nächstes folgt dann
Anfang November die Endeavour mit der neuen Langzeitmannschaft für
die ISS. Sie sollte ursprünglich Mitte Oktober starten.
Dittemore zeigte sich erleichtert, dass sich die Probleme mit
kleineren Reparaturen lösen ließen. Die NASA hatte ursprünglich nicht
ausgeschlossen, dass die Leitungen alle ausgetauscht werden müssten.
Damit wäre der Flugplan auf Monate hinaus durcheinander geraten.
David Strait gelobt
David Strait wird von der US-Weltraumbehörde
NASA mit Lob überhäuft: Der 27-Jährige ist jener Techniker, der Mitte
Juni an der Raumfähre "Atlantis" feine Risse in der Treibstoffleitung
entdeckte.
Bei der NASA heißt es, der Techniker mit den hervorragenden Augen
habe möglicherweise eine Katastrophe verhindert. Wären die Risse
weiter unbemerkt geblieben, hätten sie unter Umständen zur Explosion
einer Raumfähre während des Starts führen können.
Rätselraten
Die Raumfahrtbehörde rätselt darüber, warum die Risse offenbar
lange Zeit unentdeckt blieben. Der Manager des Raumfährenprogramms,
Ron Dittemore, hat bereits erklärt, dass sich die Inspektionen
künftig nicht auf eine visuelle Prüfung beschränken würden.
Als Strait seine Arbeit am Heck der "Atlantis" am 12. Juni
aufnahm, rechnete er nicht damit, Risse zu finden. Die Inspektion der
Treibstoffleitung wird routinemäßig durchgeführt. Wie üblich benutzte
er eine Taschenlampe, um nach Kratzern an Dichtungsflächen zu suchen.
Nach etwa zehn Minuten entdeckte er einen Riss, der etwa einen 0,75
Zentimeter lang war. "Ich konnte nicht glauben, was ich sah", erklärt
Strait.
Herstellungsmängel als Ursache vermutet
Er rief seine beiden Kollegen herbei und anschließend die
leitenden Ingenieure. Er musste ihnen aber zeigen, wo die Haarrisse
waren. "Sie tragen eine Brille", berichtet Strait, und hätten die
Risse nicht gesehen. Während Strait tags darauf einen geplanten
Kurzurlaub antrat, brachten Untersuchungen mit Messinstrumenten in
den kommenden Tagen zwei weitere Risse zu Tage. Ähnliche Fehler
wurden später auch in den Raumfähren "Discovery", "Columbia" und
"Endeavour" entdeckt. Keiner davon ist länger als 0,76 Zentimeter.
Als Ursache vermuten die Experten Herstellungsmängel zu Beginn des
Shuttle-Programms 1981.
Strait glaubt, dass die Risse im Lauf der Zeit größer wurden, so
dass er sie nun mit bloßen Augen erkennen konnte. Möglicherweise sei
auch der Strahl der Taschenlampe in einem besonders günstigen Winkel
auf die Stelle gefallen. "Ich glaube, ich bin ein guter Inspektor,
wenn es um Detailfragen geht", sagt Strait. "Ein bisschen pingelig,
könnte man sagen."
Der frühere Flugzeugmechaniker arbeitet seit drei Jahren im
Kennedy Space Center. Die NASA überlegt nun, ob sie ihrem Mitarbeiter
eine besondere Ehrung zuteil werden lässt. Er selbst kann seine
Entdeckung noch kaum begreifen. Wäre er nur einen Tag früher auf
Urlaub gegangen, wäre das Problem vielleicht nicht erkannt worden,
sagt er. (APA/AP/dpa)