Asien & Pazifik
China weist Taiwans Vorschlag zur Volksabstimmung scharf zurück
"Ein Referendum würde China spalten und Taiwan ins Verderben stürzen"
Peking/Taipeh - Die Volksrepublik China hat
den Vorschlag einer taiwanesischen Volksabstimmung über die
Eigenstaatlichkeit der Insel scharf zurückgewiesen. Ein Referendum
würde China spalten und Taiwan ins Verderben stürzen, heißt es in
einer am Montag veröffentlichten Erklärung des Büros für
Taiwan-Angelegenheiten in Peking. Der taiwanesische Präsident Chen
Shui-bian hatte sich am Wochenende für eine Volksabstimmung über den
künftigen Status der Insel ausgesprochen. Er bezeichnete Taiwan und
China als "zwei unabhängige Staaten". "Sowohl das Festland als auch Taiwan sind Teile von China. Die
Souveränität und territoriale Einheit Chinas kann nicht gespalten
werden", hieß es in der von Sprecher Li Weiyi verlesenen Erklärung
der Pekinger Regierung. Chens Vorschlag sei ein "offener Angriff
gegen alle Chinesen und Taiwanesen".
1949 hatte sich die nationalchinesische Regierung nach dem Sieg
der Kommunisten im Bürgerkrieg auf die Insel zurückgezogen. Bis 1971
hatte Taiwan als "Republik China" auch den chinesischen UNO-Sitz
inne. Im Jänner hatte die Volksrepublik die Entscheidung des
taiwanesischen Staatspräsidenten, in die Pässe des Inselstaates neben
"Republik China" zusätzlich "Taiwan" einzutragen, als "Schritt in
Richtung Unabhängigkeit Taiwans" scharf kritisiert. Taiwan wird von
27 Staaten anerkannt.
Staatliche chinesische Medien berichteten unterdessen, die
Volksrepublik plane für Mitte August ein Militärmanöver nahe Taiwan.
An den Übungen in den Küstenprovinzen Fujian und Zhejiang sollten
Land-, See- und Luftstreitkräfte beteiligt sein, schrieb die Zeitung
"Beijing Ribao".
Die taiwanesische Vizepräsidentin Annette Lu hatte aus Anlass des
fünften Jahrestages der Rückgabe Hongkongs an China die
"Untauglichkeit" des von Peking propagierten Prinzips "Ein Land -
zwei Systeme" kritisiert. Die Hongkonger hätten sowohl Demokratie und
Menschenrechte, als auch wirtschaftliche Prosperität eingebüßt. Das
Schicksal der ehemaligen britischen Kronkolonie sei abschreckend für
Taiwan.
Im Vorjahr hatte die Volksrepublik China der Insel nach dem
Prinzip "Ein Land - Zwei Systeme" ein noch großzügigeres
Wiedervereinigungsmodell angeboten, als es für Hongkong und Macao
angewandt worden ist. Der Vorschlag Pekings sah insbesondere vor,
dass die Insel ihre eigenen Streitkräfte behalten könnte, ebenso die
eigene Regierung, Währung und Zollsystem. Das Angebot wurde von der
taiwanesischen Führung mit der Begründung zurückgewiesen: "Das sind
Rechte, die wir schon alle haben. Dafür brauchen wir nicht die
Kommunisten". Das Pekinger kommunistische Armeeorgan "Jiefangjunbao"
hatte Vizepräsidentin Lu daraufhin als "Abschaum der chinesischen
Nation" tituliert. (APA/AP/Reuters)