Drucker, vom billigen Farbtintenstrahldrucker fürs Kinderzimmer bis zum leistungsfähigen Laserdrucker für Unternehmensnetzwerke, waren schon immer das Kerngeschäft des IT-Konzern Hewlett-Packard , dem Weltmarktführer für Computerdrucker. Printing und Imaging Vor der Fusion mit Compaq sorgte die Abteilung Printing und Imaging (neben Drucker auch Scanner, Allroundgeräte und Digitalkameras) mit 20 Mrd. Dollar (20,3 Mrd. Euro) für 43 Prozent des Konzernumsatzes. So wesentlich ist für HP der Druckbereich, dass Gründersohn Walter Hewlett seinen vehementen Widerstand gegen die Fusionspläne von HP-Chefin Carly Fiorina vor allem damit begründete, dass durch die Übernahme des teils defizitären PC-Bereichs von Compaq das Kronjuwel von HP bedroht sei. Mehr Markt Die "neue HP" wolle sich jedoch nicht mit den erreichten Marktanteilen zufrieden geben, sagt Herbert Köck, ein Steirer, der in Wien für den Druck- und Imagebereich von 110 Länder verantwortlich ist, einer Region, die ganz Europa, Afrika, den Nahen Osten und Teile Asiens umfasst - von Südafrika bis Skandinavien und Irland bis zur Mongolei. Wohin jedoch wachsen, wenn der Marktanteil bei Druckern weltweit bereits bei rund 60 Prozent liegt und eine rege Konkurrenz daran arbeitet, sich einen Teil davon zu holen? "Wir müssen unsere Betrachtungsweise ändern", sagt Köck. Denn bisher haben die Hersteller nur den Markt von PC-Druckern und Kopierern gesehen und sich darin heftige Kämpfe um Anteile geliefert. Riese in einer Nische Diese beiden Sparten machen nach einer Studie von HP jedoch nur vier Prozent allen bedruckten Papiers aus, zur Hälfte Drucker, zur anderen Kopierer. Der überwältigende Rest von 96 Prozent - Zeitungen, Bücher, Broschüren, Formulare, Fotoausarbeitungen - sei jedoch weiterhin die Domäne von Druckereien und großen Fotolabors. "Wir müssen daher in die anderen 96 Prozent", sagt Köck, "zuerst in den Kopiererbereich und dann den Rest." Dafür ist jedoch eine andere Technologie als Tintenstrahl und Laser nötig. Denn während Tintenstrahl zwar inzwischen Fotoqualität erzeugen kann, ist das Verfahren langsam und benötigt spezielle Papiere, um seine Qualität entwickeln zu können. Laserdrucker sind hingegen zwar schnell, aber in der Qualität aufgrund der Körnchengröße des Toners begrenzt. "Flüssiglaser" Diese neue Technologie ist "Flüssiglaser", und HP hat sich dafür vor einigen Monaten durch den Zukauf eines Unternehmens namens Indigo gerüstet, das diese Technologie entwickelt hat. Vereinfacht gesagt: Statt mit (grobem) Toner zu arbeiten, werden Tintentröpfchen aufgetragen - aber nicht gespritzt, wie beim Inkjetdrucker, sondern durch elektromagnetische Felder, wie bei Laser. Das Ergebnis sollen Druckqualität und Tempo sein, wie sie sonst nur Offsetpressen oder Fotobelichter erzielen können. Der Vorteil, sagt Köck, liegt im geringen Aufwand: Denn im Druck sind die Vorbereitungszeiten das aufwändigste, kleine Auflagen von 5000 bis 10.000 Stück darum unverhältnismäßig teuer; und Fotos werden in erster Linie in zentralen Großlabors ausgearbeitet. Gleich In beide Märkte will HP mit seiner Indigo-Technologie eindringen und dabei wieder zuerst in den lukrativen Fotomarkt. Denn mit der Zunahme der digitalen Fotografie steigen auch die Anforderungen von Kunden an das Ausarbeitungstempo: Man will nicht mehr ein paar Tage auf die Bilder warten, sondern sie gleich zurückhaben, was nur mit dezentralen Druckern geht, quasi wie Brötchenbacken im Supermarkt. Dabei komme der Vorzug der gesamten IT-Struktur des Konzerns zum Tragen: Denn digitale Fotografie und digitaler Druck erzeugen eine enorme Nachfrage nach Speichersystemen, um Druckvorlagen und Bilder aufzuheben, und nach Servern, um sie zu verteilen. Dafür soll HP der Lieferant sein, der die ganze Kette abbilden kann. Digitale Druckerpresse In sechs bis 12 Monaten sollen reale Produkte aus der Indigo-Technologie auf den Markt kommen; nach Berichten von US-Medien sollen diese digitalen Druckerpressen zwischen 200.000 und 1,2 Mio. Dollar kosten - was noch erheblichen Überzeugungsaufwand bei Druckern und Unternehmen bedarf. Und auch die Konkurrenz - wie Xerox, Heidelberger Druckmaschinen oder Fotolabor-Ausrüster Kodak - wird sicher nicht tatenlos zusehen. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Printausgabe)