Moskau/Zürich - Kurz vor dem Crash funkte der Fluglotse noch eine Warnung - aber leider an den falschen Piloten der zwei in den Flugzeugzusammenstoß mit 71 Toten Anfang Juli über dem Bodensee beteiligten Maschinen. Das geht aus den Stenogrammen des Funkverkehrs hervor, die am Dienstag in den russischen Zeitungen Iswestija und Komsomolskaja Prawda veröffentlicht wurden."Es gibt ein anderes Flugzeug, für Sie auf zwei Uhr, jetzt auf 360" (36.000 Fuß), gab der Lotse der Zürcher Flugsicherung Skyguide 20 Sekunden vor der Kollision an die russische Tupolew-154 der Bashkirian Airlines durch. Doch diese Nachricht hätte - so die Zeitungsberichte - nur für die Fracht-Boeing 757 des Kurierdienstes DHL Sinn gemacht. "Zwei Uhr" nämlich bedeute, dass der Tupolew-Pilot die andere Maschine halb rechts voraus sehen müsse. Die Boeing jedoch sei von links auf das russische Flugzeug zugeflogen. Laut Funkprotokoll suchte die Tupolewbesatzung den Boeing-Jet denn auch zehn Sekunden lang auf der falschen Seite. "Verdammt, wo ist er?!", schimpft ein russischer Pilot. Erst 1,8 Sekunden vor dem Aufprall fiel sein Blick auf den Kollisionsgegner. Im Boeing-Cockpit hatten die Piloten die Gefahr zwei Sekunden früher gesichtet - in beiden Fällen für ein Ausweichmanöver viel zu spät. Das Stenogramm vermerkt noch: "Flüche". Bei dem Absturz beider Maschinen aus 13.000 Meter Höhe am 1. Juli 2002 kamen sämtliche Crewmitglieder und Passagiere ums Leben. In der Tupolew befanden sich Kinder aus der russischen Wolgarepublik Baschkortostan auf dem Weg in den Urlaub nach Spanien. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 7.8.2002)