Das riesige Land mit knapp 170 Millionen Einwohnern ist bei weitem die größte südamerikanische Volkswirtschaft: 40 Prozent des ökonomischen Outputs der gesamten Region kommt aus Brasilien. Der regierende Fußballweltmeister zeigt kurz nachdem die Feiern über das Erringen der "Penta" abgeklungen waren, veritable Krisensymptome.Ein schwankender oder gar stürzender Samba-Riese ließe die gesamte Weltwirtschaft erbeben. Zunächst einmal würde aufgrund der Handelsbeziehungen der gesamte Kontinent von der Krise angesteckt werden - Argentinien und jetzt Uruguay sind ja schon mitten drin. Sogar Mexiko dürfte gefährdet sein, aufgrund hoher Schulden und Rückgänge auf dem größten Absatzmarkt USA. Konzerne aus den USA und aus Europa - beispielsweise Telekomunternehmen, Autohersteller, Einzelhandelskonzerne - sind auch direkt in Brasilien stark engagiert. Die Probleme des früheren Musterschülers des Internationalen Währungsfonds schlagen sich unmittelbar auf die Erträge in den Konzernbilanzen durch. Die US-Konjunktur stottert, man fürchtet einen Double-Dip in der Wirtschaftsentwicklung, ein zweites Tief nach den 11.-September-Schock. Also ist die Weltwirtschaft kaum in der Lage, ein Fallen Brasiliens verkraften zu können. Vorteile gegenüber etwa der Asienkrise, die 1999 die Weltwirtschaft überraschte, sind aber, dass die Krise in Argentinien durchschaut wurde und die Schwäche Brasiliens viele psychologische Gründe hat - etwa die gezielt geschürte Furcht vor "Lula" (siehe Artikel oben). "Brasilien ist ein exzellentes Land um zu investieren", sagte der US-Finanzminister Paul O'Neill jetzt nach Abschluss seiner Gespräche, die er seit Montag mit dem brasilianischen Präsidenten Fernando Enrique Cardoso geführt hatte. Doch Brasilien will mehr als schöne Worte: Von den USA wird etwa eine Öffnung der Märkte - vor allem die jüngsten Zölle auf Agrarprodukte und Stahl haben Brasilien geschadet. IWF-Hilfsgelder gewähren Brasilien nur eine kurze Verschnaufspause. (Leo Szemeliker/DER STANDARD, Printausgabe, 8.8.2002)