Rom - In Italien herrscht Eiszeit. Hausgemacht soll es sein, cremig und erfrischend. Kritisch blickt eine 45-jährige Römerin auf ihre Waffel mit den Sorten Erdbeer und Pistazie: "In diese 'Gelateria' gehe ich nie wieder. Das Eis schmeckt künstlich und ist nie und nimmer aus Eigenproduktion", erklärt sie mit Kennerblick. Die Tradition handgemachter Eisspezialitäten ist im Stiefel schon hunderte Jahre alt und wird häufig von Generation zu Generation weitergegeben. Um die Qualität der Eigenproduktion zu schützen, will der italienische Handwerksverband "Confartigianato" jetzt von der EU das Gütesiegel "g.t.S." (garantiert traditionelle Spezialität) für handwerklich hergestelltes Eis erhalten. Deutsche sind Spitzenreiter im Verzehr Die Italiener sind geradezu eissüchtig: Allein im vergangenen Jahr wurden im ganzen Land 330.000 Tonnen Gefrorenes verzehrt - das entspricht stolzen zwölf Kilo pro Kopf. Aber, man höre und staune, die Deutschen toppen diese Eislaune noch und brachten es 2001 auf über 20 Kilo pro Person, berichtete die Zeitung "Il Sole 24 Ore" kürzlich. Wenn Italien auch nicht der Spitzenreiter beim Verzehr ist, so ist das Land doch die unbestrittene Nummer Eins hinsichtlich der Geschmacksvielfalt. Unglaubliche 273 Eis-Sorten hat ein "Gelataio" aus Padua im Angebot. Mittlerweile tauchen immer häufiger exotische Produktionen wie Zucchini-, Karotten, -Pernod- oder Wein-Eis in den Kleinbetrieben auf. 32 000 Eisproduktionen Die Eis-Produktion ist ein wichtiger Industriezweig. Über 32.000 Handwerksbetriebe gibt es in Italien, die im vergangenen Jahr einen Umsatz von 3,2 Mrd. Euro erwirtschafteten. Insgesamt sind über 100.000 Beschäftigte in der Branche tätig. "Mit unserer Anfrage bei der EU wollen wir sowohl den Namen des handgemachten Produktes als auch die Konsumenten schützen", sagt Giacomo Deon von Confartigianato. "Wir wollen niemandem schaden, aber es ist wichtig zu verstehen, dass handwerkliche und industrielle Produkte nicht dasselbe sind." Dieser Meinung ist auch der Besitzer einer bekannten Eisdiele in Rom. Er erläutert, mit welcher Sorgfalt in seinem Betrieb beispielsweise Zabaione-Eis hergestellt wird. Zunächst würden Eier, Marsala-Wein und Zucker aufgeschäumt; das ganze werde anschließend ganz langsam gekocht. Bevor die Masse für 24 Stunden kalt gestellt wird, werde noch vorsichtig die Sahne untergehoben. "So ein Eis kann man nicht mit der Maschine machen", sagt der Experte. Eine Umfrage des Handwerksverbandes hatte zuletzt bereits ergeben, dass über 50 Prozent von 800 Befragten Eis aus Eigenproduktion bevorzugen, weil dieses frischer und von besseres Qualität sei. Zwei Drittel der Italiener verzichten demnach teilweise auf Pasta und Pizza und ersetzen mit dem kühlen Gefrorenen eine warme Mahlzeit. Um die Qualität des italienischen Eises auch in Zukunft zu garantieren, denkt Deon gar an eine Art Prüfung für die "Gelatai": "Diese Art von Beruf erlernt man nur durch Praxis. Es wäre nützlich, zumindest eine abgeschlossene Lehre für Eismacher zu verlangen und eine Endprüfung, in der sie ihr Können unter Beweis stellen." (APA/dpa)