Nahost
Israelische Armee rückt erneut in Gaza-Streifen ein
Nach Scheitern der Sicherheitsgespräche
Gaza/Jerusalem - Die israelische Armee ist nach palästinensischen
Angaben am Donnerstagmorgen erneut in die Ortschaft Beit Lahia im
Norden des Gaza-Streifens eingerückt. Rund zwanzig Panzer und
gepanzerte Fahrzeuge drangen etwa einen Kilometer weit auf
Autonomigebiet vor, wie Sicherheitskräfte und Augenzeugen
übereinstimmend mitteilten. Auch zwei Bulldozer seien vorgestoßen. Am
Mittwoch war beim Einmarsch der Armee in Beit Lahia ein Mitglied der
"Al-Aksa-Märtyrerbrigaden" getötet worden, die aus radikalen
Elementen der Fatah-Organisation von Präsident Yasser Arafat
zusammengesetzt sind. Zwei Armee-Planierraupen rissen nach Angaben
palästinensischer Sicherheitsbeamter ein Gebäude nieder. Die Palästinenser haben die Sicherheitsgespräche über einen
stufenweisen Rückzug Israels aus dem Westjordanland für gescheitert
erklärt. Arafats Sonderberater Nabil Abu Rudeina sagte in der Nacht
auf Donnerstag nach dem mehrstündigen Treffen, die israelische
Delegation habe ihre Position im Vergleich zum ursprünglichen Angebot
verändert. Die Israelis hätten den Palästinensern neue inakzeptable
Bedingungen aufzwingen wollen. Israel habe sich geweigert, aus
Bethlehem abzurücken, wie es in dem Plan vorgesehen gewesen sei, den
Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer dem palästinensischen
Innenminister Abdel Razzek Yahia unterbreitet habe.
Drei palästinensische Minister halten sich derzeit in Washington
auf, wo sie mit US-Außenminister Colin Powell und
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sprechen sollen. Der Delegation
gehören Kommunalminister Saeb Erekat, Innenminister Yahia und
Wirtschaftsminister Maher Masri an.
Bereits 18 Häuser abgerissen
Am Donnerstag haben israelische Soldaten
im Westjordanland vier Häuser zerstört, von denen zwei Familien
palästinensischer Selbstmordattentäter gehörten. Ein drittes gehörte
einem Mann, der Sprengstoff für einen Anschlag geliefert haben soll,
der Besitzer des vierten Gebäudes ist Mitglied der radikalen
Organisation Hamas und soll ebenfalls in einen Anschlag verwickelt
sein. Drei der Häuser befanden sich in der Region Bethlehem, das
andere nördlich von Nablus. Die Zahl der von israelischen Truppen
seit Juli abgerissenen Häuser von Terrorverdächtigen erhöhte sich
damit auf 18.
Am Dienstag hatte das Oberste Gericht Israels entschieden, dass
die israelischen Streitkräfte weiterhin die Häuser palästinensischer
Familien ohne Vorwarnung zerstören dürfen. Das Höchstgericht wies
eine Berufung von 43 palästinensischen Familien zurück, deren Häuser
geräumt und abgerissen werden sollen. Derartige kollektive
Bestrafungen sind völkerrechtswidrig und verstoßen gegen die
Bestimmungen der Vierten Genfer Konvention über die Behandlung der
Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten. Die israelische Regierung
sieht darin ein wichtiges Instrument der Abschreckung. (APA)