Bis zu vier Meter hoch türmen sich im Schwarzen Meer Bakterien und Archaebakterien in einer Methanfresse-Symbiose
Redaktion
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Bremen/Wien - Bis zu vier Meter hohe Riffe aus Mikroorganismen haben Forscher des Bremer Max-Planck-Instituts (MPI)
für marine Mikrobiologie und der Universität Hamburg in einer Tiefe
von 230 Metern im Schwarzen Meer entdeckt. Es handelt sich dabei um
eine Symbiose von Bakterien und Archaebakterien. Die Mikroben
verwenden Methan gleichsam als Treibstoff, als Ersatz für Sauerstoff
- den es in den Tiefen des Schwarzen Meeres nicht gibt - dient
Sulfat. Die Entdeckung wurde in der Wissenschaftszeitschrift
"Science" vom Freitag veröffentlicht.
Methan - das auch den wesentlichen Bestandteil des Erdgases bildet
- entsteht immer dann, wenn organisches Material ohne Sauerstoff
verrottet. Da das Schwarze Meer durch seine besondere Lage unter
einer Tiefe von 150 bis 200 Metern sauerstofffrei ist, sind hier die
Bedingungen für die Bildung von Methan ideal. Schließlich rieseln
ständig Pflanzen- und Tierleichen von den oberen Wasserschichten in
die Tiefe und werden dort von Mikroorganismen, die ohne Sauerstoff
auskommen, zerlegt. Eines der Endprodukte des Abbauprozesses ist eben
Methan.
Bisherige Annahme: Sauerstoff notwendig
Methan ist eine energiereiche Verbindung, die etwa von
Methanbakterien als Energiequelle genutzt werden kann. Lange
vermuteten Wissenschafter allerdings, dass für den mikrobiellen Abbau
von Methan zu Kohlendioxid unbedingt Sauerstoff notwendig sei.
Demnach sollten sich Methanbakterien meist nur an Grenzschichten -
auf der einen Seite Methan, auf der anderen sauerstoffhaltiges Wasser
- finden.
Erst im Jahr 2000 war es MPI-Forschern gelungen, oberhalb von
Gashydrat-Lagern im Meer winzige Zellklumpen zu finden, die zu
Tausenden in methanreichen Meeresböden vorkommen. Die Klumpen
erwiesen sich - wie auch die jetzt entdeckten Riffe - als Symbiose
aus Bakterien und Archaebakterien.
Dass sich gerade diese Mikroorganismen zu einer
Methanfresse-Symbiose zusammengefunden haben, ist kein Zufall. Weitere Untersuchungen der Riffe im Schwarzen Meer ergaben, dass die
Archaebakterien den Part des eigentlichen Methanfressens (Abbau zu
Kohlendioxid) übernehmen. Der andere Partner, so genannte
Sulfatbakterien, vermögen den nicht frei verfügbaren aber für die
Oxidation dringend nötigen Sauerstoff aus dem - ebenfalls reichlich
vorhandenen - Sulfat zu gewinnen.
Kanälchen zum Stoffaustausch
Gemeinsam bilden die Mikroben dichte Matten, die im Inneren durch
kalkartige Ausfällungen von Karbonaten gestützt werden. Das Karbonat
entsteht als Abfallprodukt aus der Oxidation des Methans mit dem
Sulfat. Die Matten sind von feinen Kanälchen durchzogen, die dem
Stoffaustausch der Mikroorganismen dienen.
Die Bakterienriffe sind insofern für die Biologen von besonderer
Bedeutung, da sie der erste lebende Beweis dafür sind, dass
organische Materie auf der Erde auch ohne Sauerstoff und pflanzliche
Biomasse entstehen kann, betonen die Wissenschafter. Bereits seit
langem diskutieren Forscher, ob Methan in der frühen Geschichte des
Lebens auf der Erde eine Rolle als Nährstoff- und Energieträger
gespielt haben könnte. "Vielleicht waren die Ureinwohner der Erde
während einer langen Periode der Erdgeschichte solche
Mikroorganismen, wie wir sie im Schwarzen Meer gefunden haben: eine
Symbiose von Zellen, die ohne Sauerstoff mit Methan als Nährstoff
wachsen können", so Antje Boetius, Mitautorin der Studie.
(APA)
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