Yorktown Heights/Wien - "Bei unserem Verfahren konnten wir Abbildungsfehler des Elektronenmikroskops so korrigieren, dass wir einen Weltrekord in räumlicher Auflösung produziert haben. Damit können wir Videofilme einzelner Atome machen, die auf Oberflächen herumfliegen", freut sich Philip Batson, Projektleiter am IBM-Forschungszentrum in Yorktown Heights (Staat New York) gegenüber dem STANDARD. Damit ist eine weitere Etappe der Miniaturisierung möglich, denn die neue Mikroskopiertechnik soll die Herstellung hochreiner Halbleiterkomponenten unterstützen.
Bild: IBM
Vorher-nachher-Vergleich von Bildern aus dem Elektronenmikroskop: Die neue Technik (re.) kann auch 0,1 Nanometer voneinander entfernte Silizium-Atome klar darstellen.
Das Elektronenmikroskop tastet die Probe mittels Elektronenstrahl ab. Ein Detektor registriert die Elektronen, die die Probe durchdringen. Die Technik stößt dabei seit 50 Jahren an eine Grenze: Mechanische, elektrische und akustische "Begleitmusik" stört die Abbildung. Unter 0,1 Nanometer Die Folge: Atomstrukturen waren nur selten klar darstellbar. "Was wir erreicht haben, durchbricht hier eine Schallmauer", sagt Batson über die Arbeit mit Forschern der US-Entwicklungsfirma Nion. "Mit einer Auflösung unter 0,1 Nanometer können wir Strukturen direkt interpretieren." Um die Abbildungsfehler zu korrigieren, kamen "insgesamt rund 35 optische Elemente im Mikroskop zum Einsatz", die allesamt laufend nachjustiert werden mussten, berichtet Batson. Computergestützte Messung und Leistungskontrolle ermöglichen es dem neuen System, Komponenten nicht nur nachzustellen, sondern so die Störfaktoren zurückzuschrauben. Damit lassen sich sogar bewegte Bilder einzelner Atome, von kleinen Atomclustern oder ein Atom dünnen Schichten aufnehmen. Das könnte die Entwicklungsarbeit verschiedener Industriezweige revolutionieren, vor allem aber der Halbleiterentwicklung nützen. Die neue Mikroskopiertechnik sei auch der technischen Entwicklung der vergangenen 15 Jahre bei mechanischen, elektronischen und Computerbauteilen zu verdanken, die insgesamt stabilere Leistungen brächten, schreiben die Autoren in Nature (418, S. 617). (Roland Schönbauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11.08.2002)