... das ist der Lauf der Medienwelt. Ganz will die "Kronen Zeitung" noch immer nicht zugeben, dass ihre Rubens-Oma längst auf dem hauseigenen Entenfriedhof vermodert. Am Sonntag wurde lediglich verschämt von den Vorbereitungen zum Begräbnis berichtet. Unter dem Titel Sotheby's zum Fall Rubens hieß es da: Sotheby's weist die Gerüchte, die über das Rubens-Gemälde im Umlauf sind, als falsch zurück, was das Auktionshaus schon nach dem ersten "Krone"-Bericht getan hat, ohne beim Herausgeber auf Glauben zu stoßen. So sei Anna K., laut "Sotheby's", keinesfalls die Verkäuferin des Rubens-Gemäldes. Auch habe "Sotheby's", so sagt man dort, niemals mit der Frau Kontakt gehabt . . . Und im Stift Reichersberg, wo das Gemälde fast 30 Jahre lang hing, ist, so sagt "Sotheby's", Frau Anna K. unbekannt.

Dem "Krone"-hörigen Leser sollte mit diesem verschämten Widerruf suggeriert werden, dass es sich eigentlich gar nicht um einen solchen handle, sondern bloß – laut "Sotheby's", so sagt "Sotheby's" – um die Privatmeinung des Auktionshauses. Dass die Staatsanwaltschaft inzwischen die Leiche der Rubens-Oma offiziell freigegeben und die Erhebungen eingestellt hat, weil sie nichts anderes zur Grundlage hatten als eine Lügengeschichte der "Krone" und eine dadurch induzierte anonyme Anzeige, war dem Blatt bisher keine Notiz wert. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren.

Diesem Fluch ist auch das meistzitierte Printmedium Österreichs – im Inland und im Ausland, das überhaupt ganz-und allerbesonderste Magazin "NEWS" unterworfen. Ihm ist nicht nur gelungen, was bisher noch keine "Ösi-Zeitung" geschafft hat, nämlich mit dem Seufzer von Uschi Glas "Sex, Sex, Sex! Als ob es nur das eine gäbe" eine Titel-Headline in "Bild" zu erhalten. Allein darauf kann man als "Ösi-Zeitung" schon stolz sein. Und weil dieser Stolz, ebenso wie der Schmerz, den er intellektuell bereitet, nicht nachlässt, bringt das Magazin nun als erdige Variante des Unlustschreis der Mimin die packende Geschichte von Klimas Liebesurlaub.

Es handelt sich um eine Story von geradezu überwältigender Ösimäßigkeit: Hinter ihr steht kein Autor, dafür aber umso dröhnender die moralische Entrüstung, die man sich vorwegnehmend von einer in Politik dilettierenden und in "NEWS" häufig auftretenden Meinl-Kaffeeschwester erwartet. NEWS-Exklusiv: Wie der Exkanzler in Kroatien mit Freundin Claudia urlaubt. Die ersten Fotos vom Familientreffen der Klimas ohne Ehefrau Sonja.

Der rasende "NEWS"-Reporter ist zwar kaum näher als auf Tele-Schussweite an den großen dunkelhaarigen Mann im sommergelben Anzug und eine junge attraktive Frau in Jeans und schwarzem Blazer herangekommen, merkte aber trotzdem unfehlbar, wie sie mit schnellen Schritten das Flughafengebäude in Zagreb betreten. Rasch wurde die Story heiß. Der hochaufgeschossene Mann und seine ansehnliche Begleiterin unterhalten sich angeregt in Deutsch, sommers am Flughafen von Zagreb keine Seltenheit, daher auch keine riskante Behauptung. Er nützt die Verspätung, um - ganz Wirtschaftslenker - in der Wechselstube Euroscheine in kroatische Kunas zu tauschen, sie entschwindet aufs WC und kehrt zehn Minuten später mit frisch aufgetragenem Lippenstift wieder zurück, um Klimas Mutter zu erwarten.

Kurz darauf kam es – Enttarnt: Viktor & Claudia -, wie es kommen musste. Mittlerweile hat das Empfangsduo seine dunklen Sonnenbrillen abgenommen. Und dem sachkundigen Beobachter wird schlagartig klar, dass es sich hierbei um ein Treffen der besonderen Art handelt: Denn der Mann im sommergelben Anzug ist ohne jeden Zweifel Österreichs Exkanzler Viktor Klima. Und die Frau an seiner Seite, Claudia H., ist Klimas Prima Senorita, jene 31-jährige Argentinierin, die dem Wirtschaftslenker von VW seit geraumer Zeit zur Seite steht.

Derweil zuhause in Schwechat geht Ehefrau Klima ihren neuen Geschäften nach, setzt ihre Unterschrift unter das Abfangjäger-Volksbegehren und wähnt ihren Mann derweil im krisengeschüttelten Argentinien. Welch ein Gegensatz! In Schwechat Geschäfte, Abfangjägerabfang und argloses Wähnen, in Zagreb Sex, Sex, Sex! Als ob es nur das eine gäbe. Und "NEWS" weiß, warum. Es liegt nicht am sommergelben Anzug, nein, es muss am Klimakterium liegen: Der 55-jährige Exkanzler checkt mit der um knapp ein Vierteljahrhundert jüngeren Reisebegleiterin ins selbe Zimmer ein.

Nun erreicht die "Privatangelegenheit" – worunter man gewöhnlich eine Angelegenheit versteht, die eine Zeitung nichts angeht – neue Dimensionen. Klima hat den Spielplatz seiner außerehelichen Aktivitäten aus unerfindlichen Gründen just nach Europa verlagert. Was eine Freundin der Klimas zu NEWS sagen lässt: "Ein massiver Affront gegen Sonja, die von dem Liebesurlaub nichts weiß. Wie stellt Klima sich das vor?"

Dank der Ösi-Zeitung weiß Sonja nun vom Urlaub. Aber zu fragen, wie sich "NEWS" das vorstellt, ist der Freundin der Klimas nicht eingefallen.
(DER STANDARD, Printausgabe, 9.8.2002)