Linz - 1970 besuchte Johann Jascha die Aufführung des Stücks Der Schrei im Wiener Adolf-Schärff-Haus und brüllte mitten drin einfach los. Im September 1972 schrie er in München so laut, dass sich die Athleten der Olympischen Sommerspiele gestört fühlten. Bei einer Arnulf-Rainer-Vernissage in der Fotogalerie Brücke mengte er sich, Stöhn-, Press-, und Schnauflaute absondernd, ins Publikum. Während einer Präsentation von Rainers Face-Farces warf er Schiarchfotos seines Gesichts in die Menge und verharrte anschließend reglos.

Der Mann ist eine echte Nervenprobe. Und weiß das auch: "Ich stoße selbst die Freunde vor den Kopf und glaube, das bringt ihnen Klarheit." Wichtig daran ist zunächst das erste Wort: "Ich". Der Schrei dient dessen Verstärkung. Und: "Die Ablehnung durch die Erniedrigten und deren meist feiges Zurückscheißen macht dir das Ausgestoßensein bewusst." Was wiederum die Autonomie der Kunstwerke des seit 1967 "akademischen Hansi" verstärken soll.

Rechtzeitig zum Stelzhamerjahr zeigt die Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseum den Aktionsschrei, das Frühwerk des Johann Jascha von 1967 bis 1975. Und damit sind die Legenden um den wilden Mettmacher (OÖ) mit dem einst Hoamatland-dichterischen Haarwuchs nun endlich gesammelt belegt.

1967 mit Diplom von Andersen, Elsner und Hessing erstmals (weitere Zertifikate für Reliefkunst und Zeichnung sollten folgen) vom Schillerplatz entlassen, zollte er dem Abschluss doppelt Gebühr. Als intime Hommage an den Vater: "Ich schnäuzte mich oftmals in die Urkunde und machte einen Knitterfetzen daraus." Und als öffentliche Aktion in den Straßen Wiens: "Den ,akademischen Hansi' zeigen und durch Speiphysiognomien und Körperverrenktheiten die innere Haltung über die akademische Ausbildung zum Künstler ausdrücken."

Dem folgte die zweite Geburt, eine Selbst-zur-Welt-Bringung aus einer riesigen "Klogebärmuschel". Natürlich machte das Kind von jenem Moment an lautstark auf sich aufmerksam - und reagierte heftig auf die (Kunst-)Gesellschaft, in die es sich zugleich "anarchisch und feige" hineinschoss. Hansi richtete sich ein und wollte doch nicht "Schöner Wohnen". Sein Appartement in der Lindengasse übersiedelte, nachdem Jascha über sechs Jahre hinweg Abfälle und sonstige Reste täglichen Lebens "als Ausdruck persönlicher Wohnkultur gegen die Tragödie des verkümmerten, bürgerlichen und von Konsumzwängen bestimmten Lebens" zusammenkommen hat lassen, in die Neue Galerie der Stadt Linz.

Arnulf Rainers überarbeiteten Grimassen begegnete er mit Maul- und Nabelbornos ("Den Born der Lust ins Gesicht geschrieben."). Er unternahm weiters Fortschritts-, Flugversuchs- und Anspringversuche und begriff die handgreifliche Ausformung des eigenen Gesichts als Gestaltungsmittel.

Und das "Einmanntheater" begann, was er bis heute macht: Zeichnend festzulegen, was die Schrei- und Störaktionen an Erkenntnissen ans Licht des eigenen Tages brachten, und am Papier weiterzutreiben, was mit dem, auch noch so verzerrten, Eigenleib nicht machbar ist: "Ich bin eine Landschaft. Ich bin der Republik Jascha. Ich bin das Salz der Erde. Ich bin die Fut der Welt." (DER STANDARD, Printausgabe, 10.8.2002)