Europa
Keine Erwärmung zwischen Israel und Österreich
Spekulationen über Normalisierung der Beziehungen durch Sharon-Interview scheint zerschlagen
Tel Aviv/Wien - Ungeachtet jüngster "Andeutungen einer
Erwärmung" stehe in den Beziehungen zwischen Israel und Österreich
keine unmittelbare Änderung bevor, schreibt die israelische
Tageszeitung "Haaretz" in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf
einen Regierungsbeamten. Spekulationen über eine Normalisierung der
bilateralen Beziehungen hatten durch ein deutsches Fernsehinterview
von Ministerpräsident Ariel Sharon vom 24. Juli Auftrieb erhalten. Sharon hatte in der vom Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden
in Deutschland, Michel Friedman, gestalteten ARD-Interviewsendung
"Friedman" die Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen mit
Wien in Aussicht gestellt. Israel hatte unmittelbar nach dem
FPÖ-Regierungseintritt im Februar 2000 seinen Botschafter aus Wien
abberufen. Seither wird die diplomatische Mission nur auf
Geschäftsträgerebene geleitet.
Annäherung der Rechten
Die Hinweise auf eine mögliche "Erwärmung" könnten sehr wohl mit
den jüngsten Ansprüchen des ultrarechten Ministers Avigdor Lieberman
und seiner "Nationalen Union - Israel Beiteinu" auf Mitwirkung in
internationalen Foren der extremen Rechten zusammenhängen, schreibt
"Haaretz". Zahlreiche Kommentatoren hätten hervorgehoben, dass die
von Lieberman, dem aus Moldawien stammenden einstigen Kabinettschef
des früheren Regierungschefs Benjamin Netanyahu, und dem Chef der
Nationalreligiösen Partei, Ex-General Effi Eitam, geplante Plattform
den israelischen Rechtsaußen-Extremismus auf eine Stufe mit den
"schlimmsten Produkten" des österreichischen, italienischen oder
französischen Neofaschismus stellen würde - abgesehen davon, dass er
nicht antijüdisch wäre.
Der Beiteinu-Knesset-Abgeordnete Eliezer Cohen hat laut "Haaretz"
im vergangenen Monat in Brüssel Fühlung mit rechtsextremen
europäischen Gruppen genommen. Derartige Kontakte meine offenbar auch
Sharon, wenn er die Ansicht vertrete, man könne mehr durch Dialog als
durch Boykott erreichen.
Außenministerin hält Tür auf
Es sei außerordentlich ärgerlich, israelische Rechte "vor den
Toren von Leuten wie (Gianfranco) Fini und (Jörg) Haider kriechen" zu
sehen, "die ihre faschistischen Vorfahren zu verkaufen bereit sind,
um mit Hilfe jüdischen Einflusses Achtbarkeit für ihre neue
Fremdenfeindlichkeit zu erringen", heißt es in dem Artikel. "Das ist
genau das, was Haider getan hat, indem er seinen eigenen 'Hofjuden'
Peter Sichrovsky adoptiert hat, der die FPÖ im Europäischen Parlament
vertritt."
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) hatte nach dem
Sharon-Interview betont, dass von österreichischer Seite "alles
getan" worden sei, um die Wiederherstellung vollwertiger
diplomatischer Beziehungen herbeizuführen. "Die Tür stand immer
offen", erklärte die Bundesministerin gegenüber dem ORF und fügte
hinzu: "Ich glaube, es ist wirklich an Israel, jetzt auf uns
zuzukommen". Sharons Sprecher Raanan Gissin dämpfte die Erwartungen:
Es handle sich um "die Erklärung von Grundsätzen, nicht um
Handlungsanweisungen", sagte er. (APA)