Asien & Pazifik
Taiwan: Peking gefährdet den Weltfrieden
"Provokation durch Aufrüstung führt zum Wettrüsten"
Panama - Der taiwanesische Ministerpräsident Yu
Shyi-kun hat der Volksrepublik China vorgeworfen, durch Aufrüstung
und Androhung eines Angriffs auf Taiwan den Weltfrieden zu gefährden.
Yu sagte am Freitag während seiner Lateinamerika-Reise in
Panama, Pekings "Provokationen" könnten das Gleichgewicht weltweit
stören und zu einem Wettrüsten führen. Die internationale
Gemeinschaft müsse der "ständigen Bedrohung" Taiwans durch das
kommunistische China mehr Beachtung schenken. Die Volksrepublik China verfolgt nach Einschätzung des
US-Verteidigungsministeriums eine gezielte Politik der
Einschüchterung, um Taiwan zur Wiedervereinigung mit dem Festland zu
bringen. Ein Pentagon-Bericht, der im Juli dem US-Kongress
unterbreitet wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass Peking wachsenden
Druck auf die Insel ausübe, um sie in die Knie zu zwingen, statt
einen offenen militärischen Schlagabtausch zu suchen. Die
Volksrepublik stelle mehr und mehr Mittelstreckenraketen an der
Straße von Formosa (Taiwan-Straße) auf; Ziel sei es, die Zahl bis
2005 von derzeit 300 bis 350 auf 600 zu erhöhen. Das Land kaufe
U-Boote, mit denen eine Seeblockade durchgesetzt werden könnte, und
verbessere seine militärischen Kommunikationssysteme. Durch den
Ankauf russischer Raketenzerstörer wäre Peking in der Lage,
Flugzeugträger und andere Kriegsschiffe der USA davon abzuhalten,
Taiwan zu Hilfe zu kommen, heißt es in dem Pentagon-Bericht.
"Die Vorbereitung auf einen möglichen Konflikt in der Straße von
Taiwan ist der erste Beweggrund für eine Modernisierung der
chinesischen Armee", heißt es in der Pentagon-Studie "Die
militärische Macht der Volksrepublik China". Der Militärhaushalt
Pekings wird auf knapp 66 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Die
Summe liege damit beim Dreifachen der offiziellen Angaben. Bis 2020
könnten sich die Militärausgaben Pekings noch einmal vervierfachen.
Nach Kriegsdrohungen der Volksrepublik China hatte Taiwan
(Republik China) am Donnerstag auf eine Volksabstimmung über die
staatsrechtliche Trennung der Insel vom chinesischen Festland
verzichtet, solange der Status quo unverändert bleibt. Die USA hatten
sich zuvor klar gegen die staatliche Unabhängigkeit der Insel
ausgesprochen. Der taiwanesische Staatspräsident Chen Shui-bian hatte
vor einer Woche die Existenz zweier chinesischer Staaten als Realität
bezeichnet und angekündigt, er wolle das in einem Referendum
bestätigen lassen.
1949 hatte sich die nationalchinesische Regierung nach dem
kommunistischen Sieg im Bürgerkrieg auf die Insel zurückgezogen. Bis
1971 hatte Taiwan als "Republik China" auch den chinesischen UNO-Sitz
inne. Die "Republik China" wird noch von 27 Staaten anerkannt. Im
Vorjahr hatte die Volksrepublik der Insel nach dem Prinzip "Ein Land
- Zwei Systeme" ein großzügigeres Wiedervereinigungsmodell angeboten,
als es für Hongkong und Macao angewandt worden ist. Der Vorschlag
Pekings sah insbesondere vor, dass die Insel ihre eigenen
Streitkräfte behalten könnte, ebenso die eigene Regierung, Währung
und Zollsystem. Das Angebot wurde von der taiwanesischen Führung mit
der Begründung zurückgewiesen: "Das sind Rechte, die wir schon alle
haben. Dafür brauchen wir nicht die Kommunisten". (APA/Reuters/AP)