Hamburg/Köln - Für eine mögliche Mars-Mission ist die Isolation der Astronauten nach Einschätzung des Kölner Raumfahrtmediziners Rupert Gerzer das schwerwiegendste Problem neben der Finanzierung. Schon bei Flügen von fünf Monaten zeigten die Raumfahrer Tendenzen, sich wie Eremiten zu verhalten, sagte der Direktor des Kölner Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in einem Fachgespräch in Hamburg. Konstruktive Gespräche mit der Bodenkontrolle werden nach Gerzers Erfahrungen schwieriger, die Raumfahrer können zu Depressionen neigen, regen sich schneller auf, in den Crews kann es Streit geben. Darunter könne die Arbeit leiden. Selbst der Musikgeschmack und die Freizeitgestaltung änderten sich. Diese Erkenntnisse beruhten vor allem auf den Langzeit-Erfahrungen an Bord der russischen Raumstation Mir. Flug dauert schon neuen Monate "Bei einer Mars-Mission müssen wir rund zwei Jahre einrechnen. Das kann diese Probleme noch verschärfen", sagte Gerzer. Allein der Flug zum Mars würde neun Monate dauern. "In dieser Zeit darf keine Langeweile aufkommen. Die Raumfahrer brauchen eine Aufgabe, die sie über Monate beschäftigt", sagte er. Ein halbes Jahr vergehe dann mit Experimenten auf dem Mars, bevor für den Rückweg wieder neun Monate vergingen. "Wir müssen dafür sorgen, dass die ganze Zeit über ein enger Kontakt zur Familie besteht, damit die Raumfahrer nicht vereinsamen", sagte Gerzer. "Aber wie kann man aus dem All helfen, wenn die Kinder Probleme in der Schule haben?" Gruppenmenschen Für eine Mars-Mission seien nur ausgeprägte Gruppenmenschen geeignet, die schon vor dem Start als Team eng zusammengeschweißt werden. Ideal sei ein Team aus Männern und Frauen, die am Boden jeweils in glücklichen Beziehungen mit einem Partner lebten. Technisch sei ein Flug in zehn Jahren machbar. Schon jetzt gebe es sowohl in den USA und Russland als auch bei der europäischen Raumfahrtagentur ESA Vorbereitungen, sagte Gerzer. "Aber es wird sehr teuer. Allein schon das Lebenserhaltungssystem, genügend Lebensmittel und Wasser stellen hohe Anforderungen". Bei kurzen Flügen bis zu zwei Monaten herrsche an Bord eine Atmosphäre der Begeisterung mit positivem Stress. Nach drei Monaten nimmt laut Gerzer jedoch die Motivation ab, die Raumfahrer sind müde, reizbar, emotional labil. Und schon nach knapp einem halben Jahr sei für sie die Erde ganz weit weg. Aufforderungen der Bodenkontrolle würden dann schneller als nervig empfunden. (APA/dpa)