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"Es gibt zwei Wirtschaftszweige in Sizilien, die von der Mafia verschont bleiben. Die Weinwirtschaft und der Hightechsektor im ,Aetna-Valley' rund um Catanio." Als Grund für die Distanz des organisierten Verbrechens vom Weinbau gibt Antonio Calabrò, Direktor der Mailänder Wirtschaftszeitung Il Sole - 24 Ore und Sizilien-Experte, im Gespräch mit dem S TANDARD den noch relativ geringen Umsatz und die fragmentierte Struktur an. "Wein und Hightech sind die Zukunft Siziliens", meinte er. Boomender Weinbau

Darüber herrscht kein Zweifel. Denn in einem der wenigen boomenden Wirtschaftszweige Italiens, im Weinbau mit einem Umsatz von insgesamt neun Mrd. Euro jährlich, haben die Sizilianer inzwischen den Ruf der Avantgarde erworben.

Eine neue Generation von Winzern hat hier den Rebenbau modernisiert und mit viel Fantasie neue Mischungen aus traditionellen und eingeführten Rebsorten erfunden. Gegenüber den eingeführten Weinen aus Kalifornien und Chile haben die Sizilianer auch Preisvorteile, kommentierte der internationale Weinexperte, Graf Gelasio Gaetani d'Araganona, den Wandel. "Sizilien avanciert zur neuen Toskana dieses Jahrhunderts", meint der Graf. Und spielte dabei auf gewisse Marken, wie etwa den Rotwein Tancredi und "Mille e una Notte" (Tausendundeine Nacht) des Aufsteigers Donnafugata, an. Markenstrategie und technisches Know-how

Mit einem Gemisch aus gekonnter Markenstrategie, technischem Know-how und massiven Investitionen hat die Unternehmerfamilie Rallo aus der Weinregion Marsala inzwischen Furore gemacht. Die einstige Englischprofessorin Gabriella hatte sich vor dreißig Jahren voll der Landwirtschaft gewidmet. Sie wurde dabei von Ehemann Giacomo flankiert. Gemeinsam vergrößerten sie die ererbten winzigen Weingärten auf inzwischen 300 ha Anbaufläche, investierten in Wasser- und zuletzt in eine Sonnenergieranlage. Der Markennamen "Donnafugata" ("geflüchtete Frau") ist auf die Habsburgerin Königin Maria Carolina von Neapel zurückzuführen.

Aber die Rallos werben nicht nur mit Maria Carolina. Die Olivenhaine und Felder von Donnafugata sind schließlich auch Standort des wohl berühmtesten Romans Italiens, "Der Leopard" von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Schließlich trägt auch Geheimtipp "Tancredi" den Namen des Romanhelden. Aber Jose Rallo, die inzwischen mit Bruder Antonio das zehn Mio. Euro umsatzstarke Unternehmen führt, beschränkt sich nicht auf innovative Marken. Sie hat auch eine uralte Tradition, die nächtliche Weinlese, eingeführt.

"Die Temperatur garantiert vor allem beim Chardonnay eine bessere Qualität", erklären die Rallos ihre nächtliche Aktion. Die inzwischen auf der ganzen Insel Schule machte und zur Fremdenverkehrsattraktion avancierte. (Thesy Kness-Bastaroli, Der Standard, Printausgabe, 12.08.2002)